Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Personenbeförderungsleistungen: einheitliche Beförderungsleistung eines Busunternehmers bei Beförderung von Schülern zu unterschiedlichen Schulen in unterschiedlichen Gemeinden auf einer Tour
Leitsatz (redaktionell)
1. Befördert ein Busunternehmer auf jeweils einer Tour Schüler von ihren Wohnorten zu ihren in verschiedenen Gemeinden liegenden Schulen und zurück und ist Gegenstand und Abrechnungsgrundlage des zugrundeliegenden Beförderungsvertrags die Beförderung sämtlicher Schüler vom Einstieg des ersten Schülers bis zum Ausstieg des letzten Schülers, so erbringt der Busunternehmer eine einheitliche Beförderungsleistung.
2. Für die für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG maßgebliche „Beförderungsstrecke” von „nicht mehr als 50 Kilometer” ist dann auf die Strecke vom Einstieg des ersten bis zum Ausstieg des letzten Schülers abzustellen. Die Schüler können für die Anwendung der Steuerermäßigungsvorschrift nicht in verschiedene Gruppen aufgeteilt werden, die verschiedene Schulen besucht haben und ggf. weniger als 50 Kilometer befördert worden sind.
Normenkette
UStG 2012 § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b, Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob vom Kläger erbrachte Personenbeförderungsleistungen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.
Der Kläger betreibt ein Unternehmen zur Personenbeförderung. Er befördert im Rahmen seines Unternehmens Schüler von ihren Wohnorten zu ihren in verschiedenen Gemeinden liegenden Schulen und zurück. Der Beförderung der Schüler liegt ein mit der Personennahverkehrsgesellschaft mbH (GmbH) unter dem 22.07.2008 abgeschlossener und unter dem 05.11.2008 ergänzter „Vertrag Individualverkehr” zugrunde. In diesem sind die vom Kläger gegenüber der GmbH zu erbringenden Beförderungsleistungen u.a. wie folgt beschrieben:
Vertragsgegenstand (Nr. 1) ist die „Durchführung von Beförderungsleistungen” durch den Kläger gegenüber der GmbH. In Nr. 2 des Vertrages ist vereinbart, dass die GmbH dem Kläger „zu Beginn des Schuljahres einen Fahrplan der Beförderung unter Angabe der zu befördernden Schüler” übergibt und die Beförderung entsprechend diesem Fahrplan zu erfolgen hat. Als Vergütung für die Beförderungsleistungen des Klägers ist ein Entgelt pro gefahrenen Kilometer zzgl. USt vereinbart (Nr. 4 des Vertrages). Der Kläger hat monatliche Abrechnungen vorzulegen. Als Anlage zur Rechnung sind alle nicht beförderten Kinder aufzuführen. Ebenso sind alle nicht gefahrenen Kilometer aufzulisten und bei der Rechnung abzuziehen.
Aus den Fahr- bzw. Tourenplänen ist ersichtlich, dass der Kläger namentlich genannte Schüler jeweils in ihren Wohnorten aufnimmt und zu ihren teils unterschiedlichen Schulen befördert. Dabei steigen Schüler einer weiter entfernt liegenden Schule zu, bevor die Schüler einer näher entfernt liegenden Schule aussteigen.
Der Kläger meldete die in Streit stehenden Umsätze zum ermäßigten Steuersatz an.
Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung kam der Beklagte (das Finanzamt – FA –) zu der Auffassung, dass die streitigen Beförderungsleistungen nicht ermäßigt, sondern mit dem Regelsteuersatz zu besteuern seien, weil, anders als in der Ermäßigungsvorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG vorausgesetzt, die Beförderungsstrecke für diese Beförderungen sich über mehrere Gemeinden erstreckt und mehr als 50 Kilometer betrage. Das ergebe sich aus den Tourenplänen und den ihnen entsprechenden Abrechnungen, in denen die Beförderungen mit über 50 Kilometer ausgewiesen sind.
Mit seinem Einspruch machte der Kläger geltend, er habe ein Bündel an Beförderungsleistungen erbracht, die voneinander zu trennen seien. Es würden jeweils Gruppen von Schülern einer Schule von deren Wohnorten zur Schule befördert und zurück. Die Beförderung einer Gruppe von Schülern zu jeweils ihrer Schule bestimme die Beförderungsstrecke und liege daher unter 50 Kilometer. Es lägen klar voneinander abgrenzbare Leistungen vor.
Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Beförderungsstrecke liege über 50 Kilometer. Sie bemesse sich nach der vom Kläger erbrachten einen, einheitlichen Beförderungsleistung, die nicht künstlich in einzelne Bestandteile aufgespalten werden könne. Maßgebliche Beförderungsstrecke sei in diesem Fall die aufgrund des Beförderungsvertrages zurückgelegte Strecke von insgesamt jeweils über 50 Kilometer. Von der Beförderung von Schülergruppen sei im Vertrag nicht die Rede. Vielmehr wiesen die Fahrpläne eine Mehrzahl von Schülern als Fahrgäste aus, ohne dass hier eine Einteilung in Beförderungsgruppen vorgenommen wurde. Außerdem habe der Kläger die Beförderung als einheitliche Leistung nach den insgesamt jeweils in einer Richtung gefahrenen Kilometern gegenüber der GmbH abgerechnet, nicht unterteilt nach Schülergruppen.
Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, er würde „auftragsgemäß mehrere definierte Gruppen nacheinander zu jeweils eigenen Zielorten” befördern. Es bestehe für die Beförderung kein einheitlicher Auftrag. Er habe n...