Entscheidungsstichwort (Thema)
Ein vom Liquidator der GmbH während des Insolvenzverfahrens ohne Genehmigung des Insolvenzverwalters eingelegter Einspruch gegen einen Körperschaftsteuerbescheid ist unwirksam. keine nachträgliche und rückwirkende Genehmigung des Einspruchs nach Einstellung des Insolvenzverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Steueransprüche, wie z.B. die als Masseverbindlichkeit zu qualifizierende Körperschaftsteuer für eine GmbH als Insolvenzschuldnerin, sind gegenüber dem Insolvenzverwalter durch Steuerbescheid festzusetzen (vgl. BFH, Urteil v. 16.4.2015, III R 21/11).
2. Während des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH ist nur der Insolvenzverwalter, nicht aber die GmbH als Insolvenzschuldnerin, zur Einlegung eines Einspruchs gegen einen den Insolvenzzeitraum betreffenden Körperschaftsteuerbescheid befugt.
3. Ein während des Insolvenzverfahrens vom Liquidator der GmbH als Insolvenzschuldnerin eingelegter, nicht vom Insolvenzverwalter genehmigter und damit unwirksamer Einspruch gegen einen Körperschaftsteuerbescheid kann nicht nach Einstellung des Insolvenzverfahrens nachträglich und rückwirkend vom Liquidator als dem nunmehrigen Vertreter der GmbH mit der Folge genehmigt werden, dass der Einspruch nunmehr nachträglich als fristgerecht und wirksam zu behandeln wäre.
Normenkette
AO § 355 Abs. 1, § 365 Abs. 1, § 79 Abs. 1 Nr. 3; InsO § 80 Abs. 1, § 81 Abs. 1 S. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 185 Abs. 2 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Umstritten ist, ob der Beklagte zu Recht einen Einspruch als unzulässig verworfen hat.
Die Klägerin führt nach Änderung der Firma und Sitzverlegung nach München die A GmbH fort. Herr B war alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer und Liquidator der A GmbH (folgend: GmbH). Nach der Eintragung im Handelsregister vom TT.MM.JJJJ ist Herr B als Geschäftsführer ausgeschieden. Neue Geschäftsführerin ist Frau C (Blatt 124 der Gerichtsakte).
Das Amtsgericht D ordnete durch Beschluss vom 21. November 2011 (Az. 8 IN 680/11) das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH an. Mit Beschluss vom TT.MM.JJJJ wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom TT.MM.JJJJ stellte das Amtsgericht das Insolvenzverfahren wegen Wegfall des Eröffnungsgrundes nach § 212 der Insolvenzordnung (InsO) ein.
Der Insolvenzverwalter reichte am 18. September 2014 für die GmbH i. L. beim Beklagten für den Zeitraum 7. Februar 2012 bis 30. Juni 2014 die durch die E mbH erstellte Körperschaftsteuererklärung (2014) ein. Er erklärte einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 1.065.048 Euro. Nach Abzug eines Verlustvortrags von 907.003 Euro ergab sich ein zu versteuerndes Einkommen von 158.045 Euro.
Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 9. März 2015 die Körperschaftsteuer 2014 erklärungsgemäß in Höhe von 23.706 Euro fest. Den Bescheid gab er dem Insolvenzverwalter als Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH i. L. bekannt.
Mit Schreiben vom 9. April 2015 legte der Liquidator B (folgend: Liquidator) gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 Einspruch ein. Auf das Schreiben wird Bezug genommen (Blatt 29 der Körperschaftsteuerakte). Mit Schreiben vom 27. Mai 2015 teilte der Liquidator dem Beklagten mit, dass er eine mündliche Vollmacht des Insolvenzverwalters habe und die schriftliche Bestätigung noch ausstehe.
Der Beklagte teilte dem Liquidator mit Schreiben vom 4. Juni 2015 mit, dass die Vollmacht des Insolvenzverwalters nicht vorliege und dass nur der Insolvenzverwalter wirksame Verfahrenshandlungen vornehmen könne. Ungeachtet dessen, dass der Einspruch unzulässig sei, sei er auch nicht begründet worden. Ihm wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 22. Juni 2015 gegeben.
Mit Schreiben vom 15. Juli 2015 teilte die E mbH mit, dass das Insolvenzverfahren am TT.MM.JJJJ eingestellt worden sei. Mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens sei die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters entfallen.
Der Beklagte verwarf mit Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 2015 den Einspruch als unzulässig. Zur Begründung führte er aus, dass der ehemalige Geschäftsführer bzw. Liquidator nicht einspruchsbefugt sei. Die Einspruchsbefugnis habe im Zeitpunkt der Einspruchseinlegung der Insolvenzverwalter besessen (§ 80 InsO). Das Insolvenzverfahren sei nach Aktenlage noch nicht beendet gewesen. Die angeforderte Vollmacht des Insolvenzverwalters sei nicht eingereicht worden. Darüber hinaus wäre der Einspruch auch unbegründet. Es seien keine Tatsachen und Beweismittel dargelegt worden. Bei einer nochmaligen Überprüfung habe man Fehler nicht feststellen können. Man sei auch nicht von der Erklärung abgewichen.
Der Liquidator teilte mit Schreiben vom 17. Juli 2015 mit, dass das Insolvenzverfahren am TT.MM.JJJJ eingestellt worden sei. Die Vertretungsbefugnis liege daher wieder bei ihm und die zwischenzeitliche Ver...