Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsausgabenabzug bei der Höhe nach unter dem Pauschbetrag des § 3 Nr. 26 S. 1 EStG liegenden Einnahmen für eine nebenberufliche Übungsleitertätigkeit und der Höhe über dem Pauschbetrag liegenden Betriebsausgaben
Leitsatz (redaktionell)
Sind die Einnahmen für eine selbstständige nebenberufliche Tätigkeit i. S. d. § 3 Nr. 26 S. 1 EStG (z.B. Übungsleiter) niedriger als der der nach § 3 Nr. 26 S. 1 EStG steuerfreie Pauschbetrag (im Streitjahr 2012: 2.100 Euro), so können die mit dieser Tätigkeit i. S. d. § 3 Nr. 26 S. 1 EStG zusammenhängenden Betriebsausgaben in der Höhe zu einem steuermindernden Verlust führen, in der sie den Pauschbetrag i. S. d. § 3 Nr. 26 S. 1 EStG übersteigen (Anschluss an FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 25.5.2011, 2 K 1996/10; FG Brandenburg, Urteil v. 5.12.2007, 7 K 3121/05 B; gegen FG München, Urteil v. 22.12.2004, 15 K 2777/03).
Normenkette
EStG 2009 § 3 Nr. 26 Sätze 1-2, § 3c
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 vom 29.08.2013, geändert durch Bescheid vom 16.01.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.06.2014 wird dahingehend geändert, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von 1.962,16 EUR bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit steuermindernd zu berücksichtigen sind.
2. Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.
3. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
4. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Die Revision wird zugelassen
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Verlusten bei den Einkünften aus einer selbstständigen Tätigkeit als Übungsleiterin, insbesondere die Frage, ob Betriebsausgaben auch geltend gemacht werden können, wenn die Einnahmen unterhalb des Pauschbetrages gemäß § 3 Nr. 26 EStG bleiben.
Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zudem erhielt sie für ihre Tätigkeit als Stadtratsmitglied Einnahmen in Höhe von 1.091,08 EUR, die als steuerfreie Aufwandsentschädigung gem. § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerlich nicht berücksichtigt wurden.
Weiterhin erzielte sie aus einer Übungsleitertätigkeit Einnahmen in Höhe von 1.200,00 EUR. Damit verbunden waren vom Beklagten nicht bestrittene Ausgaben in Höhe von 4.062,16 EUR. Sie machte in ihrer Einkommensteuererklärung einen Verlust aus selbständiger Arbeit in Höhe von zunächst 1.771,00 EUR geltend.
Der Beklagte setzte im Einkommensteuerbescheid zunächst einen Gewinn von 1.771,00 EUR an, im geänderten und nunmehr streitigen Einkommensteuerbescheid vom 16.01.2014 (Bl. 24 Rb-Akte) setzte er die Einkünfte aus der Stadtrats- und der Übungsleitertätigkeit auf 0,– Euro herab. Die Klägerin begehrt den Ansatz eines Verlustes. Den Einspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück.
Die Klägerin trägt vor, den Einnahmen aus der Übungsleitertätigkeit in Höhe von 1.200,00 EUR stünden Ausgaben in Höhe von 4.062,16 EUR gegenüber. Der Beklagte sei zu Unrecht der Auffassung, dass mit der Pauschale gem. § 3 Nr. 26 EStG, im Streitjahr bis zu 2.100,00 EUR, auch die diesen Pauschalbetrag übersteigenden Aufwendungen von 4.062,16 EUR abzüglich 2.100 EUR, mithin 1.962,16 EUR abgegolten seien, d.h. in der weiteren Berechnung unberücksichtigt bleiben müssten. Die Klägerin meint, dass der die Pauschale übersteigende Verlust bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens zu berücksichtigen sei. Obwohl sie nur Einnahmen in Höhe von 1.200,00 EUR habe, sei von ihr der Freibetrag rechnerisch berücksichtigt worden. Sie fühle sich durch die Auffassung des FG Berlin-Brandenburg vom 05.12.2007, 7 K 3121/5 B und dem BFH Urteil vom 06.07.2005 XI R 61/04 in ihrer Meinung bestätigt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 vom 29.08.2013, geändert durch Bescheid vom 16.01.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.06.2014 dahingehend zu ändern, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von 1.962,16 EUR bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit steuermindernd berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, entsprechend der Lohnsteuerrichtlinien (R 3.26 Abs. 9 Satz 1 Lohnsteuerrichtlinie 2013) sei ein Abzug von Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben, die mit den steuerfreien Einnahmen nach § 3 Nr. 26 EStG in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stünden nur dann möglich, wenn die Einnahmen aus der Tätigkeit und gleichzeitig auch die jeweiligen Ausgaben den Freibetrag überstiegen.
Da die Einnahmen der Klägerin (1.200 EUR) den Freibetrag (2.100 EUR) nicht übersteigen, komme ein über den Freibetrag hinausgehender Betriebsausgabenabzug nicht in Betracht. Der Auffassung der Finanzgerichte Rheinland-Pfalz (2 K 1996/10) und Berlin-Bran...