Leitsatz
Ein Tonstudio ist kein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, selbst wenn es mit den Wohnräumen des Steuerpflichtigen räumlich verbunden ist.
Normenkette
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG
Sachverhalt
Ein freiberuflich tätiger Musiker und Komponist hatte in einem Raum seiner Mietwohnung eine Schallschutzzelle eingebaut. Die anteiligen Mietkosten für den Raum machte er als Betriebsausgaben geltend. Das FA erkannte nur einen Höchstbetrag von 2.400 DM an, weil es den Raum als häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ansah. Die Klage hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies das Verfahren an das FG zurück. Das FG müsse noch Feststellungen zur Einrichtung des Raums treffen.
Hinweis
1. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BFH ist mit dem Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ein Raum gemeint, der wie ein Büro eingerichtet ist. Im Mittelpunkt steht dabei der Schreibtisch, an dem die beruflichen oder betrieblichen Tätigkeiten ausgeübt werden. Eine ärztliche Notfallpraxis oder einen Werkstattraum hat der BFH mangels büromäßiger Einrichtung nicht als Arbeitszimmer angesehen.
Im Besprechungsfall ging es um einen Raum, der mit einer Schallschutzzelle versehen war, in der man wohl ohne Belästigung anderer Hausbewohner musizieren konnte. Ob sich außerdem auch Büroeinrichtung in dem Zimmer befand, hatte das FG nicht untersucht. Deshalb wurde das Verfahren an die erste Instanz zurückverwiesen. Sollte die technische Einrichtung dem Raum das Gepräge geben, handelt es sich nach Meinung des BFH nicht um ein Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, mit der Folge, dass alle Kosten als Betriebsausgaben abgezogen werden können.
Ob es richtig ist, den Begriff des Arbeitszimmers allein an der büromäßigen Ausstattung auszurichten, erscheint zweifelhaft. Sollte das Musikzimmer des Musiklehrers, in dem sich nur der Flügel und ein Schrank für Noten befindet, kein Arbeitszimmer sein? Schließlich erfüllt das Musikinstrument in einem solchen Fall weitgehend dieselbe Funktion wie der Schreibtisch eines Lehrers, der geisteswissenschaftliche Fächer unterrichtet.
M.E. sollten alle Räume, in denen der Steuerpflichtige mit Hilfe seines berufstypischen "Handwerkszeugs" zur Einkunftserzielung tätig ist, unter den Begriff des Arbeitszimmers subsumiert werden können. Kein häusliches Arbeitszimmer ist ein solcher Raum nur dann, wenn er dem Besuch von Kunden, Mandanten oder Patienten gewidmet und für diese leicht zugänglich ist (vgl. BFH, Urteil zur ärztlichen Notfallpraxis vom 5.12.2002, IV R 7/01, BFH-PR 2003, 218). Der im Besprechungsfall zu beurteilende Raum wäre dann auch bei insgesamt technischer Ausstattung ein Arbeitszimmer. Dies ist aber – wie gesagt – derzeit nicht die im BFH vorherrschende Meinung.
2. Wenn ein Raum als häusliches Arbeitszimmer anzusehen ist und kein anderer Arbeitsraum existiert, werden die abziehbaren Kosten bekanntlich auf 1.250 Euro (früher 2.400 DM) begrenzt, es sei denn, das Arbeitszimmer bildet den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung.
Der BFH hat bereits im Fall eines teils außer Haus, teils im Arbeitszimmer tätigen Architekten (BFH, Urteil vom 26.6.2003, IV R 9/03, BFH-PR 2003, 413) und im Fall eines Bildjournalisten (BFH, Urteil vom 28.8.2003, IV R 34/02, BFH-PR 2004, 7) entschieden, dass es Tätigkeiten gibt, die keinen Mittelpunkt haben. Dazu kommt es, wenn die Gesamttätigkeit aus mehreren Teilen besteht, von denen nicht nur eine die Gesamttätigkeit qualitativ prägt. In einem solchen Fall greift dann die Abzugsbeschränkung ein, weil der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt.
So verhält es sich nach dem Besprechungsurteil auch bei einem Musiker und Komponisten. Denn nach Meinung des BFH prägen diesen Beruf nicht nur die häuslichen Tätigkeiten, sondern auch die Auftritte vor Publikum.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.8.2003, IV R 53/01