Angesichts der Vernetzung und Komplexität des Wettbewerbsumfelds lässt sich das Ganze nicht mehr aus der Analyse der Einzelteile erkennen. Erst wenn es gelingt, die Teile miteinander zu verbinden, werden wir die Gesamtzusammenhänge verstehen. Dies gilt für Controllinginstrumente sowohl in Bezug auf

  • die betrachteten Zeiträume (Stichtagsbetrachtungen, kurz- und langfristige Zeiträume) als auch in Bezug auf
  • den Business-Scope (Abteilungsblick vs. Betrachtung der gesamten Supply Chain).

Controlling muss langfristigere Informationen rascher bereitstellen

Angesichts steigender Volatilität, d. h. höherer kurzfristiger Schwankungen, ist die Gefahr groß, sich von kurzfristigen Entwicklungen irreleiten zu lassen. Es ist wichtig, kurzfristige Schwankungen in ihrer langfristigen Entwicklung richtig einzuordnen. Gleichzeitig verlangt ein schnelleres Geschäft nach schnellerer Steuerungsinformation. Das Monatsreporting als Kerninstrument der Informationsversorgung des Managements wird unabhängig von Fast-Close-Bestrebungen durch raschere Standardreports wie z. B. Weekly Key Metrics und Ad-hoc-Reports ergänzt werden müssen. Besonders kritisch ist die Aussagekraft von Quartals- und Jahresabschlüssen in einem volatilen Umfeld zu sehen. Da die darin enthaltene Stichtagsinformation weder die Schwankungen innerhalb des Jahres noch die zukünftige Entwicklung zeigt, wird mit zunehmender Volatilität die Wahrscheinlichkeit größer, dass in Bilanzen abgebildete Information und die daraus abgeleiteten Kennzahlen außer am Stichtag nie wirklich aufzufinden sind. Insgesamt müssen Controllingberichte in einem zunehmend volatileren und komplexeren Umfeld sowohl häufigere und raschere Informationen als auch Informationen über einen längeren Zeitraum darstellen, um kurzfristige Veränderungen rechtzeitig zu erkennen und die Gesamtzusammenhänge transparent zu machen.

Abb. 8: Schwindende Aussagekraft isolierter Stichtagsinformation im volatilen Umfeld

Gesamte Wertschöpfungskette in ihrer Vernetzung abbilden

Analog zu den zeitlichen Gesamtzusammenhängen gilt es, im komplexen Umfeld auch das eigene Handeln im Kontext der gesamten Wertschöpfungskette zu beurteilen. Fokussieren wir beispielweise auf die Optimierung einzelner Abteilungen, werden wir weder die durch die Vernetzung stärkeren Auswirkungen auf andere Bereiche noch die Gesamtpotenziale innerhalb der Wertschöpfungskette erkennen. Controllinginstrumente müssen daher den gesamten Business Scope abbilden, um uns nicht irrezuleiten. Beispielsweise führt die stärkere Fokussierung auf Kernkompetenzen dazu, dass immer höhere Anteile der Wertschöpfung zu Lieferanten ausgelagert werden. Dies hat entsprechende Auswirkungen auf die Kostenstruktur der Unternehmen. Betrachten wir lediglich das einzelne Unternehmen und nicht die gesamte Wertschöpfungskette, führt dies unweigerlich zu Fehlschlüssen, weil wir die Gesamtzusammenhänge nicht erkennen können.

Nachstehendes Beispiel geht von einer identischen Kostenstruktur für alle Unternehmen der Wertschöpfungskette aus: eigene Kosten, z. B. Personalkosten, 30 %, Kosten des Zukaufs 60 %, Gewinn 10 %. Jedes Unternehmen für sich wird die Kosten des Zukaufs mit 60 % als den zentralen Kostenfaktor sehen. Die ganzheitliche Betrachtung der Supply Chain zeigt jedoch ein gänzlich anderes Bild. Endkunden zahlen im gegebenen Beispiel zu 58,8 % die eigenen Kosten der Unternehmen, zu 21,6 % die Kosten des Zukaufs und zu 19,6 % die Gewinne aller beteiligten Unternehmen (vgl. Abb. 9).

Abb. 9: Kostenstrukturen aus Sicht der gesamten Wertschöpfungskette

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