Dipl.-Betriebsw. (FH) Manuela Spreitzer
4.7.1 Grundsätzliches
Rz. 81
Zur Verhinderung von missbräuchlichen Gestaltungen ist der zwingende Buchwertansatz bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG beim Übernehmer mit einer Sperrfrist i. S. d. § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG verknüpft. Ziel der Regelung ist es, die Buchwertübertragung von Einzelwirtschaftsgütern mit Rechtsträgerwechsel ausschließlich zum Zwecke der Unternehmensumstrukturierung und Fortsetzung des unternehmerischen Engagements in anderer Form zuzulassen und Steuergestaltungen zu verhindern.
Rz. 82
Wird das zum Buchwert übertragene Wirtschaftsgut innerhalb der Sperrfrist entnommen oder veräußert, wird rückwirkend auf das Ereignis der Übertragung der Teilwert für das Wirtschaftsgut angesetzt. Auch eine fiktive Entnahme i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG oder fiktive Veräußerung i. S. v. § 12 Abs. 1 KStG, die innerhalb der Sperrfrist erfolgt, ist schädlich und führt nach § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG zum rückwirkenden Teilwertansatz auf den Übertragungsstichtag.
Rz. 83
Durch das Zulassen der Verlagerung von stillen Reserven außerhalb der Behaltefrist von 3 Jahren dient die erfolgsneutrale Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nicht nur der Erleichterung von Umstrukturierungen, sondern ist auch ein Gestaltungsmittel zur Erzielung von Steuerersparnissen.
4.7.2 Beginn und Ende Sperrfrist
Rz. 84
Die Dauer der Sperrfrist beträgt 3 Jahre. Sie beginnt nach Abgabe der Steuererklärung des Übertragenden für den Veranlagungs- bzw. Feststellungszeitraum der Übertragung und nicht bereits im Übertragungszeitpunkt. Wurde keine Steuer- oder Feststellungserklärung abgegeben, so endet die Sperrfrist erst mit Ablauf des 6. Jahres, das auf den Veranlagungs- bzw. Feststellungszeitraum der Übertragung folgt. Ob eine Veräußerung noch innerhalb der Frist stattgefunden hat, hängt von dem Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten ab (Übergang des wirtschaftlichen Eigentums).
4.7.3 Unschädliche Vorgänge
Rz. 85
Nach Ansicht der Finanzverwaltung liegt keine Verletzung der Sperrfrist vor, wenn
- die einer Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nachfolgende Übertragung ebenfalls wieder unter § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG (sog. Kettenübertragung) fällt und damit auch zwingend wieder zum Buchwert vorzunehmen ist,
- bei einer Realteilung für die übertragenen Wirtschaftsgüter eine neue Sperrfrist nach § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG ausgelöst wird oder
- das Wirtschaftsgut aufgrund höherer Gewalt (Zerstörung, Untergang etc.) aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist.
Rz. 86
Im Falle einer Kettenübertragung wird die Sperrfrist durch jede nachfolgende Übertragung neu ausgelöst und ersetzt die bisherige Sperrfrist. Bei einer nachfolgenden Überführung innerhalb der Sperrfrist beginnt – mangels gesetzlicher Sperrfristregelung für Überführungen – keine neue Sperrfrist. In diesen Fällen läuft die alte Sperrfrist aus der letzten Übertragung in dem Betriebsvermögen, in welches das Wirtschaftsgut überführt wurde, jedoch unverändert weiter.
4.7.4 Rechtsfolgen einer Sperrfristverletzung
Rz. 87
Kommt es innerhalb der Sperrfrist zu einer schädlichen Veräußerung oder Entnahme i. S. v. § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG, ist rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung der Teilwert des Wirtschaftsguts anzusetzen. Damit sind die in dem Wirtschaftsgut verhafteten stillen Reserven aufzudecken. Der mit der Sperrfristverletzung verbundene rückwirkende Ansatz des Teilwerts für das veräußerte Wirtschaftsgut wird ausschließlich einheitlich angewendet, d. h. bei einer vorherigen Übertragung auf eine Gesamthand wird der rückwirkende Ansatz des Teilwerts in voller Höhe vorgenommen und nicht nur für den Anteil des Wirtschaftsguts, der auf neue Mitunternehmer der Gesamthand übergegangen ist.
Rz. 88
Y und Z sind zu jeweils 50 % an der YZ-OHG beteiligt. Neben der YZ-OHG betreibt Z noch einen Handwerksbetrieb als Einzelunternehmen. Z überträgt aus seinem Einzelunternehmen eine Maschine in das Gesamthandsvermögen der YZ-OHG. Die Maschine wird nach einem Jahr von der YZ-OHG an einen fremden Dritten veräußert.
Lösung:
Die Übertragung der Maschine aus dem Einzelunternehmen des Z in das Gesamthandsvermögen der YZ-OHG hat zunächst zum Buchwert zu erfolgen (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG). Aufgrund der schädlichen Veräußerung der Maschine innerhalb der dreijährigen Sperrfrist (§ 6 Abs. 5 Satz 4 EStG), muss die Maschine rückwirkend auf den Tag der Übertragung mit dem Teilwert angesetzt werden. Der Entnahmegewinn fällt beim Einzelunternehmen des Z an. Der Teilwert ist insgesamt anzusetzen und nicht nur für den hälftigen Anteil an der Maschine, der durch die Übertragung auch dem Y zuzurechnen ist.
Rz. 89
Ein rückwirkender Ansatz des Teilwerts erfolgt nicht, wenn die bis zum Übertragungszeitraum entstandenen stillen Reserven durch die Bildung einer Ergänzungsbilanz dem übertragenden Mitunternehmer zugeordnet ...