Leitsatz

1. Der Übergang der Gewinnermittlung von der Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG erfordert die Ermittlung eines Übergangsgewinns.

2. Soweit für Teilbereiche des Durchschnittssatzgewinns die Grundsätze der Einnahmen-Überschussrechnung des § 4 Abs. 3 EStG fortgelten, muss bei einem Wechsel von der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung zur Gewinnermittlung nach § 13a EStG kein Übergangsgewinn ermittelt werden.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 und 3, § 13a Abs. 3, 4 und 7 EStG, Art. 3 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr (2016) zur ESt zusammenveranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr u.a. Einkünfte aus LuF. Er ermittelte seinen Gewinn für das Wirtschaftsjahr vom 1.7.2015 bis 30.6.2016 (Wirtschaftsjahr 2015/2016) nach § 4 Abs. 3 EStG und für das Wirtschaftsjahr vom 1.7.2016 bis 30.6.2017 (Wirtschaftsjahr 2016/2017) gemäß § 13a EStG.

Das FA berücksichtigte wegen des Wechsels der Gewinnermittlungsart für das Wirtschaftsjahr 2016/2017 einen (der Höhe nach unstreitigen) Übergangsge­winn, den es zur Hälfte bei der Festsetzung der ESt für das Streitjahr ansetzte.

Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das FG ab (FG Baden-Württemberg, Gerichtsbescheid vom 15.5.2020, 4 K 1060/19, Haufe-Index 13925101).

 

Entscheidung

Die Revision der Kläger hat der BFH als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Der Kläger ist zum 1.7.2016 bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus LuF von der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zulässigerweise zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG übergegangen. Dies erfordert die Ermittlung eines Übergangsgewinns.

2. Das Leistungsfähigkeitsprinzip erfordert es, die einzelnen betrieblichen Geschäftsvorfälle entsprechend den steuerlichen Maßstäben und Wertungen zu erfassen. Ein Geschäftsvorfall darf dabei einerseits nicht doppelt erfasst werden. Andererseits gilt es zu verhindern, dass ein Geschäftsvorfall, der nach den Wertungen des Gesetzgebers eine steuerliche Gewinnauswirkung haben soll, unberücksichtigt bleibt.

3. Dies ist auch beim Wechsel der Gewinnermittlungsart zu beachten. Folglich schließt das Leistungsfähigkeitsprinzip aus, dass durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart Gewinne endgültig der Besteuerung entgehen, und umgekehrt, dass sich Betriebsausgaben nicht mehr bei der Ermittlung des Gewinns auswirken können.

4. Soweit durch unterschiedliche Realisierungszeitpunkte beim Wechsel der Gewinnermittlungsart erfolgswirksame Geschäftsvorfälle doppelt oder überhaupt nicht erfasst werden, ist dies folglich durch Zu- oder Abschläge dergestalt zu korrigieren, dass es zu einer Einmalbesteuerung des Geschäftsvorfalls kommt (BFH, Urteil vom 30.3.1994, I R 124/93, BFH/NV 1994, 87, BStBl II 1994, 852). Einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedarf es hierzu nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht (s. bereits BFH, Urteil vom 28.5.1968, IV R 202/67, Haufe-Index 68118, BStBl II 1968, 650, m.w.N.).

5. Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ist in ihrem Kernbereich systematisch der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich weitgehend gleichgestellt. Deshalb hat der BFH den Wechsel von der Gewinnermittlung nach § 13a EStG zur Einnahmen-Überschussrechnung für vergleichbar mit einem Wechsel vom Betriebsvermögensvergleich zur Einnahmen-Überschussrechnung gehalten (BFH, Urteil vom 16.2.1989, IV R 64/87, BFH/NV 1989, 32, BStBl II 1989, 708 zu § 13a EStG a.F.).

6. Nichts anderes gilt für den hier zu beurteilenden Wechsel von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen. Der Wechsel von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung nach § 13a EStG erfordert deshalb eine Überleitungsrechnung.

7. Die Überleitungsrechnung beruht auf dem gedanklichen Modell des Wechsels von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Bilanzierung (BFH, Urteil vom 12.12.2013, IV R 31/10, BFH/NV 2014, 514, m.w.N.). Eine Anfangsbilanz ist dabei nicht aufzustellen, da eine solche für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nicht erforderlich ist. Die Überleitungsrechnung beruht nicht auf einer realen, sondern nur auf einer gedanklich aufgestellten Anfangs- oder Überleitungsbilanz.

8. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass trotz der grundsätzlichen rechtssystematischen Gleichstellung der Durchschnittssatzgewinnermittlung mit der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich für Teilbereiche des Durchschnittssatzgewinns die Grundsätze der Einnahmen-Überschussrechnung des § 4 Abs. 3 EStG fortgelten. Fürdiese Teilbereiche muss folglich bei einem Wechsel von bzw. zur Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung kein Übergangsgewinn ermittelt werden. Denn für die erforderlichen Gewinnkorrekturen kann es nur darauf ankommen, wie die Gewinne oder auch entsprechende Teilgewinne eines Unternehmens tatsächlich ermittelt worden sind und ob sich dadurch beim Wechsel der Gewinne...

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