Leitsatz
Die entgeltliche Überlassung von Bootsliegeplätzen ist nicht steuersatzermäßigt.
Normenkette
§ 4 Nr. 12 Satz 2, § 12 Abs. 2 Nr. 11, § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG, Art. 98 Abs. 2, Anh. III Nr. 12 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Zweck die Förderung des Segel- und Motorwassersports ist. Er unterhält in seinem Hafen etwa 300 Liegeplätze, die in den Streitjahren zu ca. 50 % fest an Mitglieder vergeben wurden. Die Mitglieder sind verpflichtet, bei Abwesenheit die Nutzung ihrer Liegeplätze durch Gäste zu dulden. Die übrigen 50 % der Liegeplätze stehen den Gästen uneingeschränkt zur Verfügung. Die Entgelte aus der Überlassung der Liegeplätze an Gäste unterwarf der Kläger dem ermäßigten Steuersatz. Dem folgte das Finanzamt nicht. Die Klage zum Finanzgericht hatte keinen Erfolg (Niedersächsisches FG, Urteil vom 15.6.2017, 5 K 210/15, Haufe-Index 11197830, EFG 2017, 1481).
Entscheidung
Nach Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens beim EuGH bestätigte der BFH die Entscheidung der Vorinstanz.
Hinweis
1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG ermäßigt sich der Steuersatz insbesondere für die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Unionsrechtlich beruht dies auf der Möglichkeit, eine Steuersatzermäßigung für Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen zu schaffen (Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 12).
2. In einem im Streitfall vom BFH eingeleiteten Vorabentscheidungsersuchen hat der EuGH entschieden, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für die Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen nicht auf die Vermietung von Bootsliegeplätzen anwendbar ist (EuGH-Urteil Segler-Vereinigung Cuxhaven vom 19.12.2019, C 715/18, EU:C:2019:1138).
Der EuGH hat dies insbesondere damit begründet, dass die Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen einerseits und die Vermietung von Bootsliegeplätzen andererseits unterschiedliche Zwecke erfüllen und daher nicht miteinander in Wettbewerb stehen. Dem schließt sich der BFH an.
3. Der BFH weist zudem darauf hin, dass bei einem gemeinnützigen Hafenbetreiber eine Steuersatzermäßigung auch nicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG in Betracht kommt. Denn nach Satz 3 dieser Vorschrift setzt die Steuersatzermäßigung für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, voraus, dass
- der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder
- die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 AO bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht.
Insoweit bejaht der BFH den unmittelbaren Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer bei der Vermietung. Dass die Vermietung die satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklicht, ist aus seiner Sicht zu verneinen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.06.2020, V R 47/19 (V R 33/17)