Rz. 25
Finanzplanung als Liquiditätsplanung
Aufgrund der erfolgs- und güterwirtschaftlichen Orientierung der Rechnungslegung ergeben sich dann für die Ableitung einer Finanzplanung zwangsläufig Transformationserfordernisse im Hinblick auf die Zahlungswirksamkeit der einzelnen Sachverhalte. Die Überführung der erfolgswirtschaftlichen Plandaten in finanzwirtschaftliche Daten erfordert also nicht nur eine Transformation, sondern gleichzeitig auch eine weitere Prognose bei der Ableitung der sich daraus ergebenden Zahlungsströme.
Die Ableitung einer Finanzrechnung aus erfolgswirtschaftlichen Teilplänen ist unter dem Gesichtspunkt der Nachvollziehbarkeit für externe Betrachter äußerst problematisch. Die systematische Anbindung an bestehende Rechnungswesen-Komponenten wie GuV und Bilanz mit gesetzlicher Normierung bezüglich Inhalt und Gliederung fehlt, zudem existieren für die derivativ abgeleitete Kapitalflussrechnung bereits verbindliche Empfehlungen anerkannter Organisationen. Da die künftigen Zahlungsströme bei der Finanzplanung unmittelbar aus den detaillierten Angaben der erfolgswirtschaftlichen Teilpläne gewonnen werden, bietet sich hier insbesondere die Möglichkeit "eine tief nach Zahlungsarten gegliederte, weitgehend betrags- und termingenaue Übersicht aufzubauen. (…) Die Erstellung ist jedoch sehr arbeitsaufwendig und stößt mit zunehmender Planungsreichweite bald auf das Problem, dass die Daten nicht mehr in der geforderten Genauigkeit zu beschaffen sind."
In diesem Zusammenhang sind sämtliche liquiden Mittel den fälligen Verbindlichkeiten gegenüberzustellen.
Die Ertragskraft bzw. der Umstand, ob die Unternehmung künftig Gewinne erzielen wird, spielt für die Feststellung der Fortbestehensprognose nach h. M. keine Rolle.
Insbesondere bei mittelständischen Unternehmen wird zur Liquiditätsmessung teilweise ein einfach strukturierter Finanzplan herangezogen, der auf der Überlegung beruht, dass die Liquidität eines Unternehmens dann formal gewahrt ist, wenn zu jedem beliebigen Zeitpunkt der Anfangsbestand an liquiden Mitteln zuzüglich der Summe der bis zu diesem Zeitpunkt anfallenden Einzahlungen (zzgl. der Zunahme der Forderungen) größer ist als die Summe der bis zu diesem Zeitpunkt anfallenden Auszahlungen (zzgl. der Abnahme von Verbindlichkeiten), nicht genutzte Kredite (Kontokorrentkredite bzw. sonstige Kredite) finden in diesem Zusammenhang ebenfalls Berücksichtigung. Ergibt sich am Ende der Planungsperiode, dass der resultierende Zahlungsmittelbestand zur Aufrechterhaltung der Zahlungsunfähigkeit zu niedrig ist, steht dies einer positiven Fortbestehensprognose entgegen.
Es handelt sich hierbei um eine reine Zahlungsfähigkeitsprognose.
In den meisten Fällen wird eine Fortbestehensprognose in der Praxis als Liquiditätsstatusrechnung ausgestaltet sein und damit auch den Anforderungen des Insolvenzrechts genügen. Auch bei derart vereinfachter Darstellung besteht allerdings eine zeitversetzte Kongruenz zwischen Finanz- und Ertragsebene.
Rz. 26
(Finanz-)Kapitalflussrechnungen
Es ist durchaus möglich, die Kapitalflussrechnung "als Instrument für die Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit fortzuentwickeln". Nach Auffassung des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer sind im Zusammenhang mit der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit die gleichen Anforderungen an die Fortbestehensprognose zu stellen wie bei dem Insolvenztatbestand der Überschuldung.
Deshalb führt ein alternativer Weg zur Ableitung von Aussagen zur Finanzlage über die Erstellung einer zukunftsorientierten Kapitalflussrechnung, bei der die einzelnen Zahlungsströme aus den Jahresabschlussangaben gewonnen werden. Dabei wird die Kapitalflussrechnung auf der Planungsebene aus dem Datenmaterial der Plan-Gewinn- und -Verlustrechnung (Plan-GuV) und der Plan-Bilanz abgeleitet. Vorteil der derivativen Planung ist, dass dieses Verfahren sowohl unternehmensintern als auch -extern durchführbar ist.
Es besteht eine Fülle von Abhängigkeiten zwischen den geplanten Ein- und Auszahlungen und den Daten aus der Plan-GuV und der Plan-Bilanz. Aus einer so gestalteten (Finanz-)Kapitalflussrechnung wird damit komprimiert ersichtlich
- wie hoch die selbst erwirtschafteten Mittel des Unternehmens sind,
- wie hoch die Finanzmittel sind, die für Ausschüttungen und Schuldentilgungen zur Verfügung stehen,
- wie hoch der Zu- bzw. Abfluss aus der Investitionstätigkeit des Unternehmens ist,
- wie hoch der Zu- bzw. Abfluss aus der Finanzierungstätigkeit des Unternehmens ist,
- wie hoch die Liquiditätsposition des Unternehmens ist und auf welche Ursachen die Veränderung des Liquiditätsbestandes zurückzuführen ist.
Rz. 27
Der Erstellung einer so ausgestalteten fundierten Fortbestehensprognose kommt eine zentrale Bedeutung zu. Dies ergibt sich sowohl aus der Tatsache, dass der Ausgang der insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose über Ansatz und Bewertung von Aktiv- und Passivpositionen im Überschuldungsstatus entscheidet, als auch aus der Tatsache, dass die Fortbestehensprognose ...