Leitsatz
Räumen Kinder, denen ein Elternteil Vermögen übertragen hat, in derselben Urkunde beiden Eltern als Gesamtgläubigern ein Rentenstammrecht ein, liegt dem nur insoweit eine freigebige Zuwendung des übertragenden Elternteils an den anderen zugrunde, als der andere Elternteil über die eingehenden Zahlungen im Innenverhältnis rechtlich und tatsächlich endgültig frei verfügen kann.
Normenkette
§ 428, § 430 BGB, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
Sachverhalt
Der Ehemann der Klägerin übertrug den gemeinsamen Söhnen seine Beteiligung an mehreren Gesellschaften gegen eine lebenslange Versorgungsrente für ihn und die Klägerin als "Gesamtberechtigte nach § 428 BGB", die sich bei Vorversterben des Ehemanns auf die Hälfte reduzieren sollte. Die Söhne zahlten die Rente auf ein Konto des Mannes, für das die Klägerin Vollmacht hatte.
Das FA erblickte in dem Übertragungsvertrag wegen der Begründung der Gesamtgläubigerstellung zugunsten der Klägerin eine Schenkung des Ehemanns an sie und berechnete den Erwerb nach dem halben Kapitalwert der Rente zu Lebzeiten beider Ehegatten und dem Kapitalwert der Witwenrente (ersterer ermittelt nach der Lebenserwartung des Mannes, letzterer ermittelt nach der Lebenserwartung der Klägerin). Dagegen wandte sich die Klägerin mit der Begründung, im Innenverhältnis hätten die ausgezahlten Renten ausschließlich dem Ehemann zustehen sollen.
Die Klage blieb ohne Erfolg (EFG 2006, 1184). Das FG war der Ansicht, die Kontovollmacht der Klägerin spreche gegen eine Alleinberechtigung des Ehemanns im Innenverhältnis.
Entscheidung
Der BFH verwies die Sache an das FG zurück, da der festgestellte Sachverhalt nicht ausreiche zu beurteilen, ob die Klägerin über die Rentenleistungen rechtlich und tatsächlich frei habe verfügen können. Der Übertragungsvertrag mit den Söhnen enthalte hinsichtlich des Rentenstammrechts einen Vertrag zugunsten der Klägerin als Dritter, der nur dann zu ihrer Bereicherung geführt habe, wenn sie im Valutaverhältnis zum Ehemann jene Verfügungsbefugnis über die wiederkehrenden Rentenleistungen gehabt habe.
Die Vollmacht bezüglich des Kontos, auf das die Rente überwiesen werde, besage über das Innenverhältnis zwischen den Eheleuten nichts, weil sie ebenfalls ein Außenverhältnis betreffe, nämlich das zur Bank. Auch insoweit komme es aber auf das Innenverhältnis an. Fehlten schriftliche oder mündliche Vereinbarungen über das Innenverhältnis, sei es aus dem Verhalten der Eheleute zu erschließen, und zwar insbesondere aus der geübten und geduldeten Handhabung des Kontos durch die Eheleute. Die Herkunft des übertragenen Vermögens sei nicht geeignet, Aufschluss über das Innenverhältnis zu geben. Sollte die Klägerin über die anteiligen Rentenleistungen im Innenverhältnis zum Ehemann rechtlich und tatsächlich frei verfügen können, wäre ihr die Mitberechtigung am Rentenstammrecht freigebig zugewendet worden. Ein Anspruch auf die Einräumung dieses Vermögensvorteils habe ungeachtet der §§ 1360 und 1360a BGB nicht bestanden. Dies hätte dem Ehemann zumindest bewusst sein müssen. Soweit bereits ein Kapitalwert für das Witwenrentenstammrecht angesetzt worden sei, sei dies auf jeden Fall verfehlt, da dieses Recht aufschiebend bedingt sei.
Hinweis
1. Soweit die einzelnen Rentenleistungen auf ein Oder-Konto der Eheleute oder auf ein Konto eines der Ehegatten mit Kontovollmacht für den anderen fließen, gibt bei Fehlen schriftlicher oder mündlicher Vereinbarungen die Handhabung des Kontos durch die Eheleute im Weg schlüssigen Verhaltens Aufschluss über das Innenverhältnis (BGH, Urteil vom 29.11.1989, IVb ZR 4/89, NJW 1990, 705). In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, wie die Eheleute die gemeinsame Lebensführung bestreiten, wie die für die laufende Lebensführung nicht benötigten Mittel verwendet werden, für welche Zwecke der potenziell bedachte Ehegatte von der Möglichkeit, auf das Konto zuzugreifen, Gebrauch macht und ob er die Möglichkeit zur Bildung eigenen Vermögens nutzt. Dabei ist nicht nur auf die Handhabung des Kontos in der Zeit seit Zufluss der Rente abzustellen, sondern auch auf die Zeit davor. Eine Bereicherung des potenziell bedachten Ehegatten ist nur zu verneinen, wenn das tatsächliche Verhalten der Eheleute mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Alleinberechtigung des potenziell zuwendenden Ehegatten schließen lässt.
2. Bei Vermögensübertragungen zwischen Ehegatten wird immer wieder geltend gemacht, sie erfolgten in Erfüllung der gegenseitigen Unterhaltspflicht gem. den §§ 1360, 1360a BGB. Dem ist der BFH in der Vergangenheit bereits mehrfach entgegengetreten (vgl. BFH, Urteile vom 02.03.1994, II R 59/92, BStBl II 1994, 336 sowie vom 24.10.2001, II R 10/00, BFH-PR 2002, 149). Daran hält er trotz der Kritik im Schrifttum fest. Der gesetzliche Unterhaltsanspruch dient während intakter Ehe der Deckung des ehelichen Lebensbedarfs und nicht der Teilhabe am Vermögen des anderen Ehegatten. Er umfasst daher nicht das Bereitstellen von Mitteln zur Vermögensbildung oder die gegenwärtige Übertragung von...