Leitsatz
1. Das äußere Erscheinungsbild eines Fahrzeugs, das bei der kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Beurteilung, ob es sich um einen Pkw oder einen Lkw handelt, zu berücksichtigen ist, wird nicht ausschließlich durch die Form der Karosserie und Zahl und Anordnung der Fenster geprägt.
2. Hat ein gleichermaßen für den Personen- wie für den Lastentransport konzipiertes Fahrzeug infolge dauerhaften Umbaus einen Laderaum, der mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht, ist dies kraftfahrzeugsteuerrechtlich ein gewichtiges Indiz für die Zuordnung zum Typus des Lkw, ohne dass beim Hinzutreten weiterer Merkmale, die für eine überwiegende Bestimmung und Eignung zum Personentransport sprechen, eine Einordnung als Pkw von vornherein ausgeschlossen ist.
Normenkette
§§ 8, 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG
Sachverhalt
Der Kläger wollte einen Fiat-Ducato als Lkw besteuert wissen. Er hatte dieses Fahrzeug (gebraucht) in der Kleinbus-Version erworben, jedoch die rückwärtige Sitzbank entfernt, zwischen den beiden Vordersitzen und dem dadurch entstandenen rückwärtigen Raum eine Abtrennung eingefügt, diesen Raum mit einer Bodenplatte versehen, die hinteren Sicherheitsgurte und die Sitzbefestigungspunkte unbrauchbar gemacht. Er hatte dadurch ein Fahrzeug geschaffen, dessen Innenraum zu mehr als 2/3 Laderaum war und dessen zulässiges Gesamtgewicht zu mehr als 1/3 auf die Nutzlast entfiel.
Entscheidung
Der BFH sah das verkehrsbehördlich als Lkw anerkannte Fahrzeug auch kraftfahrzeugsteuerrechtlich als Lkw an.
Die verkehrsbehördliche Einstufung sei zwar für das FA nicht bindend. Abzustellen sei nach der ständigen Rechtsprechung – in eigener Würdigung des FA – auf die Konzeption des Herstellers und bei umgebauten Fahrzeugen darauf, ob die Umbauten auf Dauer angelegt sind und das äußere Erscheinungsbild des Fahrzeugs wesentlich verändert haben.
Äußeres Erscheinungsbild sei nicht nur die Form der Karosserie und die Zahl und Anordnung der Fenster, also die Außengestalt des Fahrzeugs; der BFH habe es vielmehr seit jeher gebilligt, dass alle (objektiven) Merkmale des Fahrzeugs vom Tatrichter bei der Einstufung berücksichtigt werden.
Sei ein Fahrzeug bei der Herstellerkonzeption so ausgestaltet, dass es wahlweise als Pkw oder als Lkw angeboten werde, so wirke sich das in Umbaufällen dahin aus, dass einer Umwidmung des Fahrzeugs vom (ursprünglich werkseitig ausgelieferten) Pkw zum Lkw diese seine Grundausstattung nicht entgegen gehalten werden könne.
Bei den Zuordnungsmerkmalen hätten die Größe der Ladefläche des Fahrzeugs und seine verkehrsrechtlich zulässige Zuladung besondere Bedeutung. Typisierend sei davon auszugehen, dass kein Lkw vorliege, wenn der Laderaum nicht mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmache.
Dies sieht der BFH allerdings nur als eine Faustregel an, die eine umfassende tatrichterliche Würdigung der objektiven Merkmale des Fahrzeugs nicht erübrigt.
Der Fiat-Ducato des Klägers sei jedoch vom Tatrichter zu Unrecht als Pkw angesehen worden. Das FG habe die Anforderungen an ein vom Kleinbus zum Lkw umgebautes Fahrzeug überspannt.
Die Einstufung durch das FG rechtfertige insbesondere nicht die Rundumverglasung des Fahrzeugs, die beim Umbau erhalten geblieben ist.
Hinweis
1. Lkw werden vom KraftStG nach dem Gesamtgewicht, Pkw nach dem Hubraum besteuert. Deshalb ist es oftmals kraftfahrzeugsteuerlich außerordentlich attraktiv, Fahrzeuge mit großem Hubraum, aber einem relativ geringen Gesamtgewicht vom FA als Lkw einstufen zu lassen.
Die Verkehrsbehörden wenden teilweise bei der Einstufung von Fahrzeugen als Pkw bzw. als Lkw andere ("großzügigere") Maßstäbe an als die FÄ. Diese sind an die Einstufung der Verkehrsbehörde nicht gebunden (wenn sie sie auch in der Regel übernehmen).
In der Regel ergibt sich freilich aus der Allgemeinen Betriebserlaubnis, ob es sich um einen Pkw oder um einen Lkw handelt. Diese hat jedoch dann keine Aussagekraft mehr, wenn der Fahrzeughalter Umbauten an dem Fahrzeug vorgenommen hat. In diesen Fällen hat der BFH strenge Maßstäbe dafür aufgestellt, wann ein Pkw in einen Lkw infolge von Umbaumaßnahmen kraftfahrzeugsteuerrechtlich verwandelt werden kann. Er verlangt dabei nicht nur auf Dauer angelegte, sondern auch so tiefgreifende Umgestaltungen, dass sich diese als charakterbestimmend gegen die Konzeption des Herstellers, einen Pkw schaffen zu wollen, "durchsetzen" können.
Diese Maßstäbe gelten außer in Umbaufällen auch bei der (werkseitigen) Abwandlung eines Pkw-Serientyps.
2. Großzügigere Maßstäbe wendet der BFH aber dann an, wenn ein Fahrzeug werkseitig wahlweise als Kleinbus oder Klein-Lkw angeboten wird (jeweils mit einer nur geringfügig abweichenden Ausstattung). Dann kann auch durch entsprechend geringfügige Umbaumaßnahmen ein werkseitig als Kleinbus ausgeliefertes Fahrzeug zum steuerrechtlichen Lkw verwandelt werden.
Die von vielen FG als wesentlich angesehene Beseitigung der für einen Kleinbus bzw. Pkw kennzeichnenden Fenster im hinteren Fahrzeugteil ist für den BFH ein wesentliches, aber kein allein...