Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Die Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG (Reverse-charge-Verfahren) ist auch bei Leistungsempfängern anzuwenden, die selber ausländische Unternehmer sind.
Sachverhalt
Die Klägerin führte als ausländische Unternehmerin in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Beförderungsleistungen aus und bediente sich dazu teilweise selber ausländischer Beförderungsunternehmer, die ihrerseits steuerbare und steuerpflichtige Leistungen in Deutschland ausführten. Das Finanzamt sah die Klägerin als Steuerschuldnerin für die ihr gegenüber ausgeführten Beförderungsleistungen nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 und Abs. 4 UStG an und setzte die Umsatzsteuer entsprechend fest. Die Klägerin wandte sich gegen die Festsetzung der Steuer nach § 13b UStG, da es dem Sinn und Zweck der Regelung widersprechen würde, einen ebenfalls im Ausland ansässigen Leistungsempfänger zum Steuerschuldner nach § 13b UStG zu machen.
Entscheidung
Das Gericht hat die Klage insoweit als unbegründet angesehen, wie sie sich gegen die grundsätzliche Anwendung des § 13b UStG für einen ausländischen Leistungsempfänger richtete. Es bestehen weder nationale noch gemeinschaftsrechtliche Zweifel, auch einen im Ausland ansässigen Unternehmer für eine von ihm in Anspruch genommene, in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige sonstige Leistung eines ausländischen Unternehmers nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 UStG in Anspruch zu nehmen.
Nach Auffassung des Gerichts folgt dies bereits unmittelbar aus § 15 Abs. 4b UStG, der ausdrücklich von "nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern, die nur die Steuer nach § 13b Abs. 2 UStG schulden" spricht. Dem lässt sich zugleich entnehmen, dass auch keine bereits bestehende Erfassung für Umsatzsteuerzwecke für eine Inanspruchnahme erforderlich ist. Denn § 15 Abs. 4b UStG geht gerade von einem im Ausland ansässigen Unternehmer aus, der nur die Steuer nach § 13b Abs. 2 UStG schuldet, also auch nicht bereits aus anderen Gründen umsatzsteuerrechtlich erfasst sein kann. Diese Auslegung widerspricht auch nicht dem Gemeinschaftsrecht, da dort keine Einschränkung auf im Inland ansässige Leistungsempfänger vorgenommen ist.
Allerdings hat der Leistungsempfänger (gleich Steuerschuldner) einen Vorsteuerabzug im Inland, soweit keine Abzugshindernisse dem entgegenstehen. Da die Klägerin aber teilweise Reiseleistungen nach § 25 UStG ausführte, waren die bei ihr entstehenden Umsatzsteuerbeträge vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit es sich um Reisevorleistungen bei den empfangenen Beförderungsleistungen handelte.
Hinweis
Gegen die Entscheidung ist Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH erhoben worden (XI R 1/09). Da es aber auch Konsens in der Kommentierung ist, dass auch ausländische Unternehmer zum Steuerschuldner nach § 13b UStG werden können, bestehen hier keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Entscheidung des Finanzgerichts. Allerdings muss aber beachtet werden, dass der Steuerschuldner nach § 13b UStG einen Vorsteuerabzugsanspruch aus dieser von ihm geschuldeten Umsatzsteuer hat, soweit keine Hinderungsgründe vorliegen (z. B. § 15 Abs. 2, § 15 Abs. 4b UStG). Dieser Vorsteuerabzugsanspruch ist nicht an Belege (Rechnungen) gebunden.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 04.12.2008, 5 K 32/07