OFD Frankfurt, Verfügung v. 21.1.2015, S 7270 A - 011 - St 113
1. Allgemeines
Mit BMF-Schreiben vom 12.10.2009, IV B 8 – S 7270/07/10001 (BStBl 2009 I S. 1292) wurde das aktualisierte Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft mit Stand Oktober 2009 herausgegeben, das über die wichtigsten Grundsätze der Umsatzbesteuerung von Bauleistungen unterrichten soll. Das Merkblatt ist in erster Linie für Bauunternehmer bestimmt, die Umsätze ausführen, für die nicht der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Abs. 2 UStG schuldet. Es wird den Finanzämtern auch weiterhin als Vordruck „USt M 2 Merkblatt Bauwirtschaft” zur Verfügung gestellt und kann betroffenen Unternehmern ausgehändigt werden.
2. Sollversteuerung in der Bauwirtschaft
Die Bauwirtschaft führt ihre Leistungen üblicherweise in Form von Werklieferungen und Werkleistungen auf dem Grund und Boden der Auftraggeber aus. Diese Leistungen sind grundsätzlich nach vereinbarten Entgelten zu versteuern (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a UStG). Die Umsatzsteuer für die erbrachten Werklieferungen bzw. Werkleistungen entsteht daher mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Leistungserbringung.
2.1 Teilleistungen in der Bauwirtschaft
Für gewöhnlich stellen die Werklieferungen oder Werkleistungen der Bauwirtschaft keine Teilleistungen sondern vielmehr einheitliche Leistungen dar. Teilleistungen sind wirtschaftlich abgrenzbare Teile einheitlicher Leistungen (z.B. Werklieferungen und Werkleistungen), für die das Entgelt gesondert vereinbart wird und die demnach statt der einheitlichen Gesamtleistung geschuldet werden. Die Voraussetzungen für die Annahme von Teilleistungen ergeben sich aus dem Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft (Teil II. Begriffsbestimmungen, Tz. 2).
Die in Teil II. Begriffsbestimmungen, Tz. 2.20 des Merkblatts zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft genannten Teilungsmaßstäbe im Straßenbau weichen von der bisherigen Regelung des BMF-Schreibens vom 28.12.1970 ab. Die Abweichung stellt jedoch nicht das Ergebnis einer geänderten Rechtsauffassung der Finanzverwaltung dar. Es bestehen für den Bereich des Straßenbaus weiterhin keine Bedenken, dass auch der bis auf die Feinschicht fertig gestellte Straßenoberbau einerseits und die Feinschicht andererseits als Teilleistungen angenommen werden. Ebenfalls kann es sich bei größeren Erdarbeiten um Teilleistungen handeln.
2.2 Abschlagszahlungen
Liegen keine Teilleistungen vor und werden dennoch vor Ausführung der gesamten Leistung Zahlungen geleistet ist § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 UStG zu beachten. Demnach entsteht die Steuer in den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts (z.B. Anzahlungen, Abschlagszahlungen, Vorauszahlungen) vor Ausführung der Leistung oder Teilleistung gezahlt wird, bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem dieses vereinnahmt worden ist.
3. Ermittlung des Entgelts
Grundsätzlich richtet sich das Entgelt nach dem vereinbarten Leistungsentgelt. Bereits entrichtete Abschlagszahlungen sind hiervon abzuziehen.
3.1 Entgeltsminderung § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG
Zahlungen des Leistungsempfängers an Dritte wie z.B. der Steuerabzug nach den §§ 48 ff. EStG oder Sicherungseinbehalte durch den Auftraggeber nach § 17 VOB/B stellen keine Entgeltsminderung i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG dar.
Zu den Sicherungseinbehalten durch den Auftraggeber hat der BFH mit seinem Urteil vom 24.10.2013, Az. V R 31/12, entgegen der Verwaltungsauffassung entschieden, dass ein der Sollbesteuerung unterliegender Unternehmer, der seinen Entgeltanspruch aufgrund eines vertraglichen Einbehalts zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen über einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren nicht verwirklichen kann, unter ganz bestimmten Voraussetzungen berechtigt ist, bereits im Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage wegen Uneinbringlichkeit nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu berichtigen. Für die Berichtigung reiche es aus, wenn es zur Uneinbringlichkeit deshalb komme, weil keine Bankbürgschaft gestellt werden kann. Der BFH hat zur Klärung dieser Frage das Verfahren an das Finanzgericht Münster (15 K 326/14 U) zurückverwiesen. Gegen das hierzu ergangene Urteil ist eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH (V B 111/14) anhängig. Sollten sich Bauunternehmer auf das o.a. Urteil berufen und nachweisen können, dass sie die Gewährleistungsansprüche ihres Auftraggebers nicht durch eine Bankbürgschaft absichern können, ist Kontakt mit St 113 aufzunehmen.
3.2 Schätzung des Entgelts – zeitgerechte Versteuerung
In allen Fällen der Sollversteuerung hat der Unternehmer im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung die bereits erbrachten Leistungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen und hierbei das voraussichtliche Entgelt – sofern es noch nicht feststeht – sachgerecht zu schätzen.
Ist die Schätzung des Unternehmers offensichtlich unzutreffend, hat das Finanzamt das maßgebende Entgelt selbst zu ermitteln und ggf. zu schätzen.
Ergeben sich aus der Gewinnermittlung Hinwe...