OFD Hannover, Verfügung v. 24.1.2001, S 7100 - 430 - StO 355/S 7100 - 918 - StH 533
Allgemeines
Eine Erzeugerorganisation im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Obst und Gemüse ist eine Vermarktungsgesellschaft in der Rechtsform einer Genossenschaft oder GmbH. Sie erwirbt die gesamte Obst- und Gemüseproduktion der in ihr zusammengeschlossenen Erzeuger (Mitglieder) gegen Entgelt und veräußert diese Ware entgeltlich an Dritte. Sie ist damit Unternehmerin. Einen ideellen Bereich, in dem die Erzeugerorganisation für die allgemeinen Belange ihrer Mitglieder tätig wird, gibt es regelmäßig nicht.
Eine nach Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2200 des Rates vom 28.10.1996 anerkannte Erzeugerorganisation kann Betriebsfonds einrichten (Art. 15 der vorgenannten Verordnung). Ein Betriebsfonds wird mit finanziellen Mitteln gespeist, die im Rahmen eines genehmigten operationellen Programms zu verwenden sind. Operationelle Programme können sein:
- der integrierte Anbau von Obst und Gemüse,
- die ökologische Produktion von Obst und Gemüse,
- Maßnahmen zur Qualitätssicherung,
- die Errichtung von Kühlanlagen für Lagerung und Transport oder
- die Einführung von Vollpappeverpackungen.
Da ein Betriebsfonds als reine Finanzierungsmasse der Kontrolle der Mittelverwendung dient, ist für jedes genehmigte operationelle Programm ein eigener Betriebsfonds einzurichten. So werden sämtliche Einnahmen und Ausgaben dem jeweiligen Programm zugeordnet.
Unternehmereigenschaft des Betriebsfonds
In die Betriebsfonds fließen die finanziellen Beiträge der Mitglieder und die finanziellen Beihilfen der EG. Die finanziellen Beiträge der Mitglieder bemessen sich nach den tatsächlich vermarkteten Obst- und Gemüsemengen oder dem Wert dieser Mengen. Der Entwurf eines operationellen Programms muß Ausführungen zur Berechnungsweise und Höhe der finanziellen Beiträge der Mitglieder enthalten (Art. 4 Abs. 1a der Verordnung (EG) Nr. 411/97 = Durchführungsverordnung zur Verordnung (EG) Nr. 2200/96). Die Beihilfe der EG bemißt sich nach den tatsächlichen finanziellen Beiträgen der Mitglieder.
Jeder Betriebsfonds ist Zweckvermögen i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG. Er wird für Zwecke der Umsatzsteuer als selbständige Einrichtung angesehen, ist selbst jedoch kein Unternehmer, denn der Betriebsfonds finanziert lediglich das operationelle Programm oder legt vorübergehend noch nicht benötigte Geldmittel an. Diese Geldverwaltungstätigkeiten sind keine Leistungen im wirtschaftlichen Sinn. Soweit der Betriebsfonds finanzielle Beiträge der Mitglieder und Beihilfen der EG vereinnahmt, liegen deshalb mangels Leistungsaustauschs nicht steuerbare echte Zuschüsse vor.
Verwaltung des Betriebsfonds
Die Verwaltung des Betriebsfonds obliegt der Erzeugerorganisation (Art. 16 Abs. 3 EG-Verordnung Nr. 2200/96). Sie erhält dafür von dem Betriebsfonds einen Kostenersatz und erbringt somit eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung an den Betriebsfonds. Dem Betriebsfonds steht aus dieser Leistung mangels Unternehmereigenschaft kein Vorsteuerabzug zu.
Ausarbeitung und Durchführung des operationellen Programms
Die Ausarbeitung und Durchführung des operationellen Programms obliegt ebenfalls der Erzeugerorganisation (Art. 16 Abs. 3 EG-Verordnung Nr. 2200/96). Sie erhält dafür aber – im Unterschied zur Verwaltung des Betriebsfonds – kein Entgelt. Durch die Freigabe der Mittel des Betriebsfonds wird lediglich die Maßnahme des operationellen Programms (z.B. die Einführung von Vollpappeverpackungen) bezahlt, nicht jedoch die Ausarbeitung oder Durchführung des operationellen Programms. Die Zahlung des Betriebsfonds (Mittelfreigabe) an die Erzeugerorganisation ist folglich nicht steuerbar. Aus den Eingangsleistungen (z.B. Vollpappeverpackungen) steht der Erzeugergemeinschaft der Vorsteuerabzug zu. Sie bezieht die Leistungen für ihr Unternehmen.
Beauftragt die Erzeugerorganisation einen Dritten mit der Durchführung des operationellen Programms (z.B. Errichtung eines Kühlhauses), liegt zwischen dem Dritten und der Erzeugerorganisation ein Leistungsaustausch vor. Der Erzeugerorganisation steht aus der Leistung des Dritten der Vorsteuerabzug zu (s.o.).
Beauftragt der Betriebsfonds einen Dritten mit der Durchführung des operationellen Programms, erbringt der Dritte eine steuerbare und -pflichtige Leistung an den Betriebsfonds. Dem Betriebsfonds steht aus der Leistung jedoch kein Vorsteuerabzug zu, weil er kein Unternehmer ist (s.o.).
Finanzielle Beiträge der Mitglieder
Beiträge der Mitglieder an den Betriebsfonds werden häufig durch Aufsplittung der Vermarktungsgebühr über die Erzeugerorganisation an den Betriebsfonds entrichtet. Die Erzeugerorganisation behält von dem Vermarktungserlös auch nach Einrichtung des Betriebsfonds einen unveränderten Betrag ein (z.B. 10 %) und überweist einen Teil in Höhe der Beiträge der Mitglieder an den Betriebsfonds. Für die umsatzsteuerliche Beurteilung der Zahlungen ist festzustellen, ob die Erzeugerorganisation die Vermarktungsgebühr satzungsmäßig unverändert läßt oder durch ...