LfSt Bayern v. 19.8.2016, S 7100 b 1.1-2/7 St 33
Abgrenzung einer nichtsteuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen gem. § 1 Abs. 1a UStG von einer steuerbaren Lieferung
1. Allgemeines
Für die Beurteilung der Frage, ob der Verkauf einer Taxikonzession als nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. des § 1 Abs. 1a UStG oder als steuerbare Lieferung zu behandeln ist, kommt es darauf an, ob die verkaufte Konzession das gesamte Unternehmen bzw. einen in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betrieb oder nur einen unselbständigen Teil des Unternehmens bildet.
2. Veräußerung der einzigen Taxikonzession
Hat der Taxiunternehmer lediglich eine Konzession inne und veräußert er diese an einen Dritten, bildet die Taxikonzession das gesamte Unternehmen. Mit der Übertragung der Konzession veräußert der Unternehmer die wesentlichen Grundlagen seines Unternehmens, die ein hinreichendes Ganzes bilden und dem Erwerber die Fortführung des Unternehmens ermöglichen.
Bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG – insbesondere muss der Erwerber Unternehmer sein und für sein Unternehmen die Konzession erwerben – liegt eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vor.
Dabei ist es in der Regel unerheblich, ob das Fahrzeug (das Taxi) zusammen mit der Taxikonzession vom veräußernden Unternehmer an den Erwerber übertragen wird. Werden Taxikonzession und Fahrzeug veräußert, bilden die übertragenen Vermögensgegenstände ein hinreichendes Ganzes und ermöglichen dem Erwerber, das (Taxi-)Unternehmen fortzuführen. Aber selbst in dem Fall, in dem nur die Konzession, nicht aber das Fahrzeug übertragen wird, ist grundsätzlich eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen gegeben. Die Taxikonzession ist eine wesentliche, das Fahrzeug eine unwesentliche Grundlage des Taxiunternehmens. Weitere wesentliche Grundlagen können u.U. Kundenstamm, eingeführte Telefon/Fax-Nummern, Webpräsenz, Mitgliedschaften in Taxi-Zentralen oder Flughafennutzungs-/Standplatzvertrag sein.
Zu beachten sind die Gesamtumstände des Einzelfalls.
3. Veräußerung einer von mehreren Taxikonzessionen
Hat der Taxiunternehmer eine bestimmte Anzahl von Taxikonzessionen inne und veräußert er lediglich eine oder mehrere davon an einen Dritten, liegt eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen nur dann vor, wenn die veräußerte(n) Konzession(en) einen in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betrieb darstellen.
Ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb liegt vor, wenn er wirtschaftlich selbständig ist. Dies setzt voraus, dass der veräußerte Teil des Unternehmens einen für sich lebensfähigen Organismus, der unabhängig von den anderen Geschäften des Unternehmens nach Art eines selbständigen Unternehmens betrieben worden ist und nach außen hin ein selbständiges, in sich abgeschlossenes Wirtschaftsgebilde gewesen ist. Soweit einkommensteuerrechtlich eine Teilbetriebsveräußerung angenommen wird, kann umsatzsteuerrechtlich von der Veräußerung eines gesondert geführten Betriebs ausgegangen werden (vgl. Abschn. 1.5 Abs. 3 Sätze 1, 2 und 4 UStAE).
3.1. Veräußerung eines gesondert geführten Betriebs
Von zwei in der Gliederung eines Taxiunternehmens gesondert geführten Betrieben kann ausgegangen werden, wenn ein Unternehmer an dem einen Ort sein Taxi selbst fährt (oder sich angestellter Fahrer bedient), er sich an einem anderen Ort angestellter Fahrer bedient, die Einnahmen und Fahrzeugkosten getrennt aufzeichnet, die Taxis jeweils eigene Konzessionen haben und ein eigener Kundenstamm am jeweiligen Ort existiert (vgl. Urteil des FG München vom 25.3.2003, 13 K 1914/99).
Veräußert er die Taxikonzession/en eines Ortes und somit einen gesondert geführten Betrieb i.S. von § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG, handelt es sich um eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung.
3.2. Veräußerung einer einzelnen Taxikonzession eines einheitlichen Betriebs
Gem. § 2 Abs. 3 PBefG können die aus der Genehmigung erwachsenden Rechte und Pflichten nur übertragen werden, wenn gleichzeitig das ganze Unternehmen oder wesentliche selbständige und abgrenzbare Teile des Unternehmens übertragen werden. Der Verkauf einer von mehreren Taxikonzessionen (z.B. zum Zweck der Betriebsverkleinerung) ist daher nicht erlaubt.
Sollte der Taxiunternehmer dennoch eine von mehreren Taxikonzessionen veräußern, handelt es sich um eine steuerbare Übertragung eines immateriellen Wirtschaftsguts und somit um eine steuerpflichtige sonstige Leistung (vgl. Abschn. 3.1 Abs. 4 UStAE, § 40 AO i.V.m. § 3a UStG).
Diese Verfügung ersetzt die Verfügung vom 29.5.2009, Az.: S 7100b.1.1-2/2 St34.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1a