Zusammenfassung

Die Umsatzsteuer als wichtigste Einnahmequelle des Staates ist vom Grundsatz her systematisch strukturiert und folgt einer (meist) logischen Prüfungsstruktur. Im Laufe der Jahre sind aber etliche Ergebnisse eingetreten, die auch den erfahrenen Anwender nur noch mit dem Kopf schütteln lassen. Hier einige Fallbespiele aus dem kulinarischen Bereich für die Feinschmecker des Umsatzsteuerrechts.

1 Problematik

Lebensmittel unterliegen – jedenfalls überwiegend – dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.[1] Bis zum 30.6.2020 war in der Praxis im Gastronomiebereich eine der strittigsten Fragen, ob eine unter den ermäßigten Steuersatz fallende Lieferung einer verzehrfertigen Speise ausgeführt wurde oder eine Dienstleistung (Restaurantdienstleistung) vorliegt. Als Folge der coronabedingten Probleme im Gastronomiebereich wurde der Umsatzsteuersatz für die Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen[2] zwar befristet auf 7 % abgesenkt, relevante Fragestellungen bei der Abgrenzung zwischen dem ermäßigten Steuersatz und dem Regelsteuersatz gibt es aber auch trotz dieser Absenkung immer noch.

 
Wichtig

Absenkung des Steuersatzes für Restaurantdienstleistungen erneut verlängert

Die Absenkung des Steuersatzes für die Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen[3] war ursprünglich für ein Jahr vorgesehen und sollte zum 30.6.2021 auslaufen. Nach einer ersten Verlängerung bis zum 31.12.2022 wird die Anwendung des § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG erneut – jetzt (vorläufig) bis zum 31.12.2023[4] – verlängert.

Ob ein "Lebensmittel" dem ermäßigten Steuersatz unterliegt oder vielleicht doch mit dem Regelsteuersatz belegt ist, ergibt sich aus dem Zusammenspiel von § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, der Anlage 2 zum UStG und den sehr umfassenden Ausführungen der Finanzverwaltung[5] zu diesem Thema.

Bis zum 30.6.2020 bestand ein regelmäßiger Streitpunkt zwischen Steuerpflichtigen und dem Finanzamt: Liegt eine Lieferung einer ermäßigt besteuerten Speise vor oder handelt es sich um einen dem Regelsteuersatz unterliegenden Restaurationsumsatz (als sonstige Leistung, die nicht unter § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG fällt). In besonderen Fällen kann diese Abgrenzung auch in aktuellen Fällen zu interessanten Ergebnissen führen, ist aber vor allem – da Sachverhalte vor dem 1.7.2020 heute immer noch im Mittelpunkt von Außenprüfungen stehen – für "Altfälle" bedeutsam.

 
Praxis-Tipp

Aktuelle Rechtsprechung des BFH zur Abgrenzung von Restaurationsdienstleistungen

Der BFH hat in den vergangenen Monaten mehrere Urteile zu den "Altfällen" veröffentlicht, die die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Lieferung und sonstiger Leistung bei Abgabe verzehrfertiger Speisen verdeutlichen. So hat der BFH sowohl bei der Abgabe von verzehrfertigen Speisen im Zusammenhang mit einem sog. "Food-Court"[6] als auch bei dem Verkauf von Speisen vor Ort auf Mehrweggeschirr mit Rücknahme und Reinigung durch eine Bäckerei in einer "Vorkassenzone" eines Supermarkts[7] eine bis 30.6.2020 dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung gesehen. Außerdem hat der BFH[8] entschieden, dass ein Unternehmer, der in einer Betriebskantine Speisen portioniert, auf Mehrweggeschirr mit Mehrwegbesteck ausgibt sowie das Geschirr und Besteck nach dessen Rückgabe reinigt, eine sonstige Leistung erbringt.

2 Fall: Zum Essen

2.1 Sachverhalt

H. Homarus betreibt am Frankfurter Hauptbahnhof seit Jahren einen Feinschmecker-Imbiss. Damit seine Kunden seine Spezialitäten auch ausreichend genießen können, hat er sich mit mehreren anderen Anbietern von Speisen am Hauptbahnhof zusammengetan und eine Verzehrinsel eingerichtet, bei der die Kundinnen und Kunden sich an Tischen niederlassen können und die Speisen und Getränke der verschiedenen Unternehmer zu sich nehmen können. Selbstverständlich bietet Homarus seine Speisen auch "to go" an.

Anlässlich seines 10-jährigen Jubiläums im Herbst 2022 hat sich Homarus eine besondere Aktion ausgedacht: Er bietet einen Monat lang als besonderes Angebot "gratinierten Hummer"[1] sowohl zum Mitnehmen als auch zum Verzehr vor Ort in der Verzehrinsel an. Bei dem Verkauf zum Mitnehmen müssen die Kunden 30 EUR zahlen, bei dem Verzehr vor Ort sind 40 EUR zu bezahlen, die Kunden erhalten dann aber auch noch ein Glas Weißwein und eine kleine Flasche Mineralwasser dazu.

[1] MSC-zertifiziert.

2.2 Fragestellung

Homarus möchte wissen, wie er während dieser Aktion die Verkäufe des gratinierten Hummers im Herbst 2022 besteuern muss.

2.3 Lösung

Homarus ist Unternehmer, da er selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig ist[1]; zu dem Rahmen seiner unternehmerischen Betätigung gehört der Feinschmecker-Imbiss. Die Kunden zahlen auch – je nach Angebot – 30 oder 40 EUR, sod...

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