Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Der Vertrieb von Nutzungsrechten an digitalen Medien, der über öffentliche Büchereien erfolgt, unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG. Insoweit erfolgt keine Übertragung von Verwertungsrechten i. S. d. Urheberrechtsgesetzes, vielmehr wird lediglich eine bestimmungsgemäße Nutzung der Werke ermöglicht.
Sachverhalt
Die klagende GmbH entwickelt und vertreibt digitale virtuelle Bibliotheken. Dazu schließt die Klägerin mit Verlagen als Rechteinhaber der Verwertungsrechte der jeweiligen Werke Lizenzverträge ab, die der Klägerin die Nutzung dieser Werke ermöglicht. Die Klägerin bietet hierfür entsprechende technische Einrichtungen in Form von Servern und Dienstleistungen auf dem Datenverarbeitungssektor an, welche es den Kunden ermöglichen, auf diesen technischen Einrichtungen abgelegte Daten zu nutzen und ggf. Dritten zugänglich zu machen.
Insoweit arbeitet die Klägerin insbesondere mit Büchereien zusammen, über die Werke wie z. B. Bücher (e-books), Musiktitel usw. in elektronischer Form Nutzern dieser Büchereien befristet zugänglich gemacht werden.
Die von der Klägerin insoweit bereitgestellten technischen Einrichtungen unterliegen unstreitig dem Regelsteuersatz. Streitig ist dagegen, ob die "Bereitstellung digitaler Ausleihen in einer Digitalen Virtuellen Bibliothek" durch die Klägerin an die Büchereien dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG unterliegt.
Entscheidung
§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG verlangt, dass der Rechtsinhaber dem Leistungsempfänger nach den vertraglichen Vereinbarungen und dem wirtschaftlichen Gehalt des Umsatzes das Recht zur Verwertung des Werks gem. den Bestimmungen des UrhG (insbesondere durch Vervielfältigung und Verbreitung) einräumt und nicht nur die bestimmungsgemäße Benutzung gestattet. Die Einräumung oder Übertragung der urheberrechtlichen Nutzungsrechte muss Hauptbestandteil der einheitlichen Gesamtleistung sein.
Im Streitfall räumt die Klägerin den jeweiligen Bibliotheken zwar als "Lizenzen" bezeichnete Rechte an den jeweiligen urheberrechtlich geschützten Werken ein. Das eigentliche Nutzungsrecht an diesen Werken gibt sie jedoch zu keinem Zeitpunkt aus der Hand. Sämtliche wesentlichen Ausleihschritte erfolgen über und durch die Klägerin. Die Rolle der jeweiligen Bibliothek beschränkt sich auf die Zurverfügungstellung einer "Ausleihplattform" im Rahmen ihres Bibliotheksauftritts. Die Bibliothek selbst "vermittelt" hierbei lediglich den "Kontakt". Selbst Leseproben stellt sie nicht selbst, sondern ausschließlich über die Klägerin zur Verfügung. Die Bibliothek bietet hierfür ihrer Kundschaft lediglich eine "Benutzungsoberfläche" zur Einsicht in die ausleihfähigen Werke an. Zu keinem Zeitpunkt jedoch stellt die Bibliothek selbst das gewünschte Werk zur Verfügung, dieses wird ausschließlich von der Klägerin auf deren Servern "bevorratet" und zur Verfügung gestellt. Im Vordergrund der Leistung der Klägerin steht damit nicht die Lizenzvermittlung an die Bibliotheken. Diese ist nur Nebenfolge des einheitlichen Geschäftsmodells der Klägerin, dem Verleihen von elektronischen Medien an Endkunden.
Hinweis
Gegen das FG-Urteil wurde Revision eingelegt (Az. beim BFH: V R 43/13).
Unabhängig davon prüft derzeit der EuGH, ob Luxemburg und Frankreich zurecht die "Lieferung" digitaler Bücher ebenso wie für traditionelle Bücher ermäßigt besteuern (Az. C-502/13 und C-479/13).
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 05.09.2013, 12 K 1800/12