Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Eine Personenbeförderung innerhalb einer Gemeinde oder innerhalb von 50 Kilometern unterliegt dem Regelsteuersatz, wenn sie nicht von einem Taxiunternehmen sondern von einem Mietwagenunternehmen mit Fahrergestellung ausgeführt wird.
Sachverhalt
Ein Mietwagenunternehmen stellte Kunden Fahrzeuge zur Beförderung - auch innerhalb der Gemeinde bzw. für Fahrten bis zu 50 Kilometer - mit Fahrern zur Verfügung (gem. § 49 Abs. 4 PBefG). Diese Leistungen unterwarf es dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG. Die Finanzverwaltung wandte auf diese Leistungen den Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG an. Im Einspruchsverfahren beanspruchte das Mietwagenunternehmen sowohl aus verfassungsrechtlichen Gründen als auch aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben den ermäßigten Steuersatz. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Entscheidung
Das Gericht hat die gegen den Steuerbescheid gerichtete Klage als unbegründet zurückgewiesen.
Nach den Feststellungen des Gerichtes ergibt sich die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht aus § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG, da die Klägerin kein Taxiunternehmen betreibt. Ausführlich hat das Gericht die rechtlichen Rahmenbedingungen (§ 47 Abs. 1 PBefG für Taxiunternehmen und § 49 Abs. 4 PBefG für Mietwagenunternehmen) dargestellt.
Aus dem Gemeinschaftsrecht lässt sich nach Auffassung des FG keine Verpflichtung ableiten, für diese Leistungen den ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass der gemeinschaftsrechtliche Spielraum, Personenbeförderungen ermäßigt zu besteuern, auch nur teilweise in Anspruch genommen werden kann.
Ein Anspruch auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ergibt sich auch nicht aus dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Umsatzsteuer. Zwar liegt in der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nur für Leistungen von Taxiunternehmen eine Wettbewerbsbeeinträchtigung zwischen dem Mietwagenunternehmen der Klägerin und konkurrierenden Taxiunternehmen, da die von der Klägerin erbrachten Leistungen im Verhältnis zu den Leistungen eines Taxiunternehmers als gleichartig anzusehen sind. Jedoch ist diese Beeinträchtigung des Wettbewerbs zulässig, da sie aufgrund des öffentlichen Interesses an einer flächendeckenden und geordneten Erfüllung von Aufgaben des Nahverkehrs gerechtfertigt ist.
Hinweis
Die umsatzsteuerliche Differenzierung zwischen dem Verkehr mit Taxen und mit Mietwagen stellt nach Auffassung des Gerichts keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG dar. Das BVerfG hatte sich schon mit der Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen steuerlichen Beurteilung dieser Umsätze beschäftigt und keinen Verstoß gegen die Verfassung gesehen, da keine Existenzgefährdung für Mietwagenunternehmen bestanden habe. Im Verfahren wurden keine Gründe vorgetragen, dass sich an diesen Voraussetzungen am Markt eine Änderung ergeben habe.
Das Finanzgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision gegen das Urteil zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG Nürnberg, Urteil vom 08.06.2010, 2 K 877/2008