Unternehmer können durch eine der folgenden Ausnahmeregelungen von der Voranmeldungspflicht befreit sein:
1.3.1 Kleinunternehmer
Kleinunternehmer, die nach der Regelung des § 19 Abs. 1 UStG nicht der Steuererhebung für Umsätze i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen (Lieferungen, sonstige Leistungen, nicht aber innergemeinschaftliche Erwerbe und Einfuhr), brauchen keine Voranmeldungen abzugeben. Sie müssen lediglich in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung die Gesamtumsätze des Erklärungsjahrs und des Vorjahrs angeben.
Umsatzgrenze für Kleinunternehmer
Nach § 19 UStG wird die Umsatzsteuer von inländischen Unternehmern nicht erhoben, wenn der Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr die Grenze von 22.000 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr die Grenze von 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird. Durch das Dritte Bürokratieentlastungsgesetz wurde die Vorjahresumsatzgrenze zum 1.1.2020 von 17.500 EUR auf 22.000 EUR angehoben. Die Grenze von 50.000 EUR für das laufende Kalenderjahr blieb hingegen bestehen. Unternehmer, die in 2022 weniger als 22.000 EUR erzielt haben und deren Umsätze in 2023 voraussichtlich weniger als 50.000 EUR betragen werden, können daher von der Kleinunternehmerregelung in 2023 Gebrauch machen. Die Anhebung der Kleinunternehmergrenze hat auch Einfluss auf die Beurteilung bei Neugründungen, da in diesen Fällen für die Betrachtung des voraussichtlichen Umsatzes des laufenden Kalenderjahres auf die angehobene Grenze von 22.000 EUR abzustellen ist.
1.3.2 Vorjahressteuer nicht mehr als 1.000 EUR
Falls die (angemeldete bzw. festgesetzte) Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr 2022 nicht mehr als 1.000 EUR betragen hat und es sich nicht um einen Neugründungsfall handelt, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen und der Entrichtung von Vorauszahlungen befreien.
Durch diese Befreiung wird weder das Kalenderjahr zum Voranmeldungszeitraum, noch führt sie dazu, dass kein Voranmeldungszeitraum besteht. Der Unternehmer wird lediglich von der Verpflichtung befreit, für das Kalendervierteljahr Voranmeldungen abzugeben und Vorauszahlungen zu leisten. Das Bestehen des Voranmeldungszeitraums bleibt hiervon unberührt.
Finanzämter fordern Kleinunternehmer zur Abgabe von Voranmeldungen auf
Nach einer Änderung, die zum Jahreswechsel 2018/2019 in den UStAE aufgenommen wurde, wird die Befreiung nach § 18 Abs. 2 Satz 3 UStG in den Fällen des § 18 Abs. 4a UStG nicht mehr gewährt. In § 18 Abs. 4a UStG ist die Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen und -Voranmeldungen für Unternehmer geregelt, die Umsatzsteuer nur aus innergemeinschaftlichen Erwerben, nach dem Reverse-Charge-Verfahren oder als letzter Abnehmer eines i.g. Dreiecksgeschäfts schulden (z. B. Kleinunternehmer).
Die Finanzverwaltung nutzt diese Änderung, um auch (Klein-)Unternehmer zur quartalsweisen Abgabe von Voranmeldungen aufzufordern. Betroffen sind insbesondere Unternehmer, denen eine USt-IdNr. erteilt worden ist.
1.3.3 Befreiung in Sonderfällen
Nach Abschn. 18.6 UStAE kann das Finanzamt unabhängig von der Regelung des § 18 Abs. 2 Satz 3 UStG den Unternehmer in Sonderfällen von der Abgabe der Voranmeldungen befreien. Solche Sonderfälle sind u. a. vorgesehen für:
Unternehmer, bei denen in bestimmten Voranmeldungszeiträumen regelmäßig keine Umsatzsteuer entsteht, z. B. bei Aufsichtsratsmitgliedern, deren Tätigkeit jährlich in einem Betrag vergütet wird
Unternehmereigenschaft von Aufsichtratsmitgliedern
Entgegen der bisherigen Rechtsprechung hat der BFH in seinem Urteil vom 27.11.2019 entschieden, dass ein Aufsichtsratsmitglied nicht als Unternehmer tätig ist, wenn es lediglich eine (nicht variable) Festvergütung erhält. Der BFH begründet dies damit, dass das Aufsichtsratsmitglied bei einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko trägt.
Bisher wurde auch von der Finanzverwaltung die Tätigkeit eines Aufsichtsrats uneingeschränkt als selbstständige, unternehmerische Tätigkeit betrachtet. In Reaktion auf die Rechtsprechung des EuGH und BFH hat nunmehr auch die Finanzverwaltung ihre langjährige Rechtsauffassung geändert:
- Erhält ein Aufsichtsratsmitglied für seine Tätigkeit eine (nicht variable) Festvergütung, fehlt es an einem unternehmertypischen Vergütungsrisiko. Der Aufsichtsrat ist dann nicht selbstständig tätig und erfüllt damit die Voraussetzungen an die Unternehmereigenschaft nicht.
- Eine Festvergütung liegt insbesondere bei einer pauschalen Aufwandsentschädigung vor.
- Keine Festvergütung ist hingegen ein sog. Sitzungsgeld, welches nur bei tatsächlicher Teilnahme an einer Aufsichtsratssitzung an das jeweilige Aufsichtsrat...