Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Wurde einem selbstständigen Regisseur eine sog. Gleichstellungsbescheinigung (vgl. § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG) erteilt, erzielt er umsatzsteuerfreie Umsätze. Dies gilt zumindest dann, wenn die Regiearbeiten für die Ausübung der steuerbefreiten Tätigkeit unerlässlich sind.
Sachverhalt
Der Kläger arbeitete seit 1995 als freier Regisseur und erklärte daraus Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (zum ermäßigten Steuersatz von 7 %). Am 7.6.2004 schloss er mit dem Nationaltheater Y einen Werkvertrag über die Regie für eine Inszenierung der Oper Fidelio von Ludwig van Beethoven. Nach dem Vertrag sollten die Proben ab Oktober 2004 stattfinden, die Premiere am 21.11.2004. Als Honorar wurde ein Betrag von X EUR vereinbart. Die Premiere fand wie vorgesehen statt. Das vereinbarte Honorar wurde im Jahr 2004 ausgezahlt und vom Kläger als steuerfreier Umsatz gemeldet. Das Finanzamt ging von einem steuerpflichtigen Umsatz (zum Regelsteuersatz) aus.
Entscheidung
Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Dem Kläger war - unabhängig von der Anwendung etwaiger nationaler Steuerbefreiungen - unter Berufung auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der 6. EG-Richtlinie (heute: Art. 132 Abs. 1 Buchst. n MwStSystRL) die Steuerbefreiung für seine Umsätze aus selbstständiger Regietätigkeit zu gewähren. Nach dieser Vorschrift befreien die Mitgliedstaaten bestimmte kulturelle Dienstleistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen von den betreffenden Mitgliedstaaten anerkannten Einrichtungen erbracht werden, von der Umsatzsteuer. Dass der Kläger eine solche anerkannte Einrichtung ist, wurde ihm durch Bescheinigung des Regierenden Bürgermeisters von Berlin bestätigt.
Sollten - entgegen der Auffassung des Gerichts - die Regieleistungen des Klägers der Umsatzsteuer unterliegen, wäre darauf entgegen der Auffassung des Finanzamts und diverser Verwaltungsanweisungen (vgl. z.B. OFD Hannover, Verfügung v. 21.10.2005, DStR 2006, S. 611) der ermäßigte Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG) anzuwenden.
Hinweis
Wieder einmal hat der BFH nun darüber zu entscheiden, ob sich ein Unternehmer im Bereich der Steuerbefreiungen erfolgreich auf eventuell weitergehendes EG-Recht berufen kann, was bereits des Öfteren der Fall war. Dabei ist zu berücksichtigen, und das ist bereits ausreichend geklärt, dass auch einzelne Unternehmer als steuerbegünstigte Einrichtungen gelten können. Konkret ist jetzt zu entscheiden, ob die Leistungen eines freiberuflich tätigen Regisseurs für Theateraufführungen unmittelbar nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der 6. EG-Richtlinie steuerfrei sind oder als steuerpflichtiger Umsatz dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.11.2008, 7 K 2310/06 B