Leitsatz
1. Die Personalgestellung durch ein Krankenhaus an eine Arztpraxis kann ein mit dem Betrieb des Krankenhauses eng verbundener Umsatz sein, wenn die Personalgestellung für die ärztliche Versorgung der Krankenhauspatienten unerlässlich ist.
2. Ein mit dem Betrieb des Krankenhauses eng verbundener Umsatz kann in Ausnahmefällen sogar dann vorliegen, wenn die Arztpraxis nicht nur die Krankenhauspatienten, sondern auch andere Patienten versorgt. Ob ein derartiger Ausnahmefall vorliegt, kann nur unter Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.
Normenkette
§ 4 Nr. 16 UStG , Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL
Sachverhalt
Ein Zweckverband gab 1992 die bisher in seinem Krankenhaus bestehende eigene Abteilung für Röntgendiagnostik, Strahlentherapie und Nuklearmedizin zugunsten einer Arztpraxis auf, die Sachmittel und Personal übernahm; lediglich die Mitarbeiter, die nicht zu der Gemeinschaftspraxis überwechseln wollten, überließ der Zweckverband im Weg der Personalgestellung gegen Kostenerstattung. Die Gemeinschaftspraxis erbrachte in den nunmehr angemieteten Räumen des Krankenhauses nicht nur Leistungen an Krankenhauspatienten.
Der Zweckverband beanspruchte vergeblich die Steuerbefreiung der Personalgestellung an die – steuerfrei tätige Praxis – nach § 4 Nr. 16 UStG. Das FG gab dem Kläger Recht.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Auffassung des FG: Im Streitfall war die Personalgestellung für die radiologische Behandlung der Krankenhauspatienten unerlässlich, da dieses Personal für die radiologischen Untersuchungen der Krankenhauspatienten notwendig war und der Zweckverband seine Angestellten aus arbeitsvertraglichen Gründen nicht zwingen konnte, zu der Gemeinschaftspraxis überzuwechseln.
Ausgeschlossen ist die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-RL für Leistungen, die "im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Tätigkeiten zu verschaffen, die im unmittelbaren Wettbewerb" gewerblich tätigen, umsatzsteuerpflichtigen Unternehmern durchgeführt werden. Diese Gefahr sah der BFH deswegen nicht, weil es sich um ein nur vorübergehendes "Auslaufmodell" für die nicht wechselwilligen Mitarbeiter handelte, ein nicht ohne weiteres übertragbarer Sonderfall.
Hinweis
Nach § 4 Nr. 16 Buchst. a UStG sind die mit dem Betrieb der Krankenhäuser, Diagnosekliniken und anderen Einrichtungen ärztlicher Heilbehandlung eng verbundenen Umsätze steuerfrei, wenn diese Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben werden. Grundlage ist Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der 6. EG-RL: danach ist befreit "die Krankenhausbehandlung und die ärztliche Heilbehandlung sowie die mit ihnen eng verbundenen Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt werden beziehungsweise bewirkt werden".
Die Personalgestellung durch ein Krankenhaus an eine Arztpraxis kann ein mit dem Betrieb des Krankenhauses eng verbundener Umsatz sein, wenn die Personalgestellung für die ärztliche Versorgung der Krankenhauspatienten unerlässlich ist (vgl. Abschn. 100 Abs. 2 UStR 2005). Ausnahmsweise kann ein mit dem Betrieb des Krankenhauses eng verbundener Umsatz sogar dann vorliegen, wenn die Arz?praxis nicht nur die Krankenhauspatienten, sondern auch andere Patienten versorgt (wie z.B. wohl die niedergelassenen Ärzte in Abschn. 100 Abs. 2 Nr. 5 UStR 2005).
Ob ein derartiger Ausnahmefall vorliegt, kann nur unter Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden; allgemeine Aussagen (vgl. BMF vom 25.2.1998, IV C 4 – S 7172 – 5/98) erscheinen jedoch nicht möglich.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.01.2005, V R 35/02