OFD München, Verfügung v. 20.1.2000, S 7100 b - 470 St 431
Schreiben an die Landesnotarkammer Bayern:
… teile ich Ihnen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Geschäftsveräußerungen im Ganzen im Sinne des § 1 Abs. 1 a UStG bei Mietgrundstücken folgendes mit:
Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 1 Abs. 1 a UStG unterliegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht der Umsatzsteuer.
Eine Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1 a UStG liegt vor, wenn die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens oder eines gesondert geführten Teilbetriebs im Ganzen an einen Unternehmer § 2 UStG) für dessen Unternehmen übertragen werden. Das gilt auch dann, wenn der Erwerber mit dem Erwerb des Unternehmens oder des gesondert geführten Betriebs seine unternehmerische Tätigkeit beginnt oder diese nach dem Erwerb in veränderter Form fortführt (vgl.Abschn. 5 Abs. 1 Satz 1 – 2 UStR 2000).
Weist der Veräußerer im Rahmen einer Geschäftsveräußerung in seiner Rechnung Umsatzsteuer gesondert aus, obgleich eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1 a UStG vorliegt, schuldet er die ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG (vgl.Abschn. 189 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UStR 2000).
Der Erwerber ist nach der aktuellen Rechtsprechung des BFH-Urteils vom 2.4.1998, V R 34/97, BStBl 1998 II S. 695, nicht (mehr) berechtigt, die ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG als Vorsteuer abzuziehen (vgl. hierzu jetztAbschn. 189 Abs. 1 Satz 3, Abschn. 192 Abs. 6 UStR 2000).
Aus Vertrauensschutzgründen entfällt der Vorsteuerabzug beim Erwerber jedoch erst aus Rechnungen, die ihm nach der Veröffentlichung des oben genannten BFH-Urteils (6.11.1998) zugegangen sind.
Anwendung des § 1 Abs. 1 a UStG bei Mietgrundstücken:
Die Veräußerung eines vermieteten Grundstücks an einen die Vermietung fortführenden Erwerber ist regelmäßig eine Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1 a UStG, wenn das veräußerte Grundstück die einzige wesentliche Betriebsgrundlage war Abschn. 5 Abs. 1 Satz 4 UStR 2000).
Problematisch ist dagegen die Beurteilung hinsichtlich der Veräußerung eines in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betriebes im Sinne des § 1 Abs. 1 a UStG (im Folgenden aus Vereinfachungsgründen kurz: Teilbetriebsveräußerung), wenn ein Unternehmer von mehreren Mietgrundstücken nur ein Grundstück (oder nur einen Teil seiner Mietgrundstücke) veräußert.
Für die Annahme einer „Teilbetriebsveräußerung” sind gemäßAbschn. 5 Abs. 3 UStR 2000 zwei Voraussetzungen erforderlich:
- Der veräußerte Teil des Unternehmens muss einen für sich lebensfähigen Organismus gebildet haben.
- Der veräußerte Unternehmensteil muss unabhängig von den anderen Geschäften des Unternehmens nach Art eines selbständigen Unternehmens betrieben worden und nach außen hin ein selbständiges, in sich abgeschlossenes Wirtschaftsgebilde gewesen sein.
Bei bebauten Grundstücken kann in der Regel das Merkmal der selbständigen Lebensfähigkeit bejaht werden. Wesentlich schwieriger ist die Feststellung der Merkmale für die erforderliche Eigenständigkeit des Teilbetriebs im Verhältnis zum Gesamtbetrieb. Dabei sind insbesondere folgende Merkmale von Bedeutung:
- Separate Buchhaltung
- personelles Eigenleben
- eigene Mietpreisgestaltung
- eigenständige Hausverwaltung.
Die oben genannten Merkmale sollten möglichst kumulativ im jeweiligen Einzelfall vorliegen, um zu einer umsatzsteuerlichen „Teilbetriebsveräußerung” zu gelangen.
Der nach außen hin erforderlichen Eigenständigkeit des Teilbetriebs im Verhältnis zum Gesamtbetrieb ist jedoch im Allgemeinen dadurch genügt, dass eine getrennte Aufzeichnung und Abrechnung der Mieterträge erfolgt (vgl. Widmann im Kommentar Plückebaum-Malitzky zu § 1 Abs. 1 a UStG Rz. 28).
Sofern darüber hinaus keine besonderen Einzelfallumstände vorliegen, kann somit bei der nur teilweisen Übereignung von Mietgrundstücken durch einen – einkommensteuerlich Überschusseinkünfte erzielenden – Unternehmer im Regelfall von einer nicht umsatzsteuerbaren „Teilbetriebsveräußerung” gemäß § 1 Abs. 1 a UStG ausgegangen werden.
Beispiele:
1. Der Steuerpflichtige A ist Eigentümer zweier Mietgrundstücke in München sowie eines Büros in Frankfurt. Für die Vermietung der Mietgrundstücke hat A ebenso wie für die Umsätze aus der Vermietung der Büroräume an eine Rechtsanwalts- und Steuerberatungsgesellschaft gemäß § 9 UStG zur Umsatzsteuerpflicht optiert. Die Einnahmen und Ausgaben zeichnet A sowohl für das Büro als auch für die beiden Mietgrundstücke getrennt auf. Für jedes Objekt besteht außerdem eine eigenständige Hausverwaltung und ein eigenes Bankkonto. Am 1.2.2000 veräußert A die Kanzleiräume in Frankfurt an den Erwerber B, der das Mietverhältnis unverändert fortführt.
Lösung:
Es liegt eine Veräußerung eines in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betriebes vor, da die Kanzleiräume in Frankfurt als ein eigenständiger, für sich lebensfähiger, abgeschlossener Unternehmensteil anzusehen sind, der nach außen hin entsprechend betrieben worden ist.
Die Veräußerung ist dami...