Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Herstellerrabatte pharmazeutischer Unternehmen an Apotheken sind nach § 130a SGB V aus dem Nettowert der Lieferung zu berechnen. Apotheken müssen als Abnehmer der Lieferung ihren Vorsteuerabzug entsprechend berichtigen.
Sachverhalt
Nach § 130a Abs. 1 SGB V erhalten Krankenkassen von Apotheken für zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von 6% des Herstellerabgabepreises. Pharmazeutische Unternehmen sind verpflichtet, den Apotheken den Abschlag zu erstatten. Soweit pharmazeutische Großhändler bestimmt sind, ist der Abschlag diesen zu erstatten. Auf Grund dieser Vorschrift kürzte die Klägerin als Herstellerin von Pharmazeutika ihre Umsatzsteuerbemessungsgrundlage um den so genannten Herstellerrabatt im Wege einer Berichtigung nach § 17 Abs. 1 UStG. Die ausgezahlten Erstattungen behandelte sie in voller Höhe als Nettobeträge und minderte dementsprechend ihre Nettoentgelte für Lieferungen und Leistungen um den Rabatt. Das Finanzamt kürzte jedoch den Rabatt zunächst um darin (angeblich) enthaltene Umsatzsteuer und minderte somit die Bemessungsgrundlage im Ergebnis um einen geringeren Betrag.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts sind Herstellerrabatte pharmazeutischer Unternehmen (nach § 130a SGB V) aus dem Nettowert der Lieferung zu berechnen. Die Berechnung des Rabatts aus dem Nettobetrag entspricht der Auffassung des Bundesministeriums für Gesundheit und soziale Sicherung und mittlerweile dem Wortlaut des § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V. Zur Klarstellung dieser Vorschrift wurde nämlich der Zusatz "ohne Mehrwertsteuer" aufgenommen. Weil sich der Rabatt somit aus dem Nettowert der Lieferung berechnet, kann er bei der Ermittlung der zutreffenden Umsatzsteuerbemessungsgrundlage auch nur als Minderung der Nettoentgelte für Lieferungen und Leistungen eingesetzt werden. Die vom Finanzamt vorgenommene Umdeutung des Nettorabatts in einen "Bruttobetrag" sei nicht möglich. Vielmehr müssen die Apotheken als Abnehmer der Lieferungen entsprechend dem aus dem Nettobetrag errechneten Rabatt den in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug berichtigen. Der Rabatt ist also nicht als Bruttobetrag anzusehen.
Hinweis
Auch wenn im Streitfall keine Apotheke geklagt hatte, hat das Finanzgericht für diese Branche doch eine sehr bedeutende Aussage getroffen. Die Apotheken sind danach "verpflichtet" als Abnehmer der Lieferung der Hersteller den Vorsteuerabzug entsprechend dem aus dem Nettobetrag errechneten Rabatt zu berichtigen. Generell ist darauf hinzuweisen, dass das derzeit praktizierte Abrechnungsverfahren (vom Hersteller bis zur Krankenkasse) wohl nicht der Gesetzesintention des § 130a Abs. 1 SGB V entspricht. Ziel war es nämlich, den Apothekenabgabepreis (brutto) um 6 % des Herstellerabgabepreises zu senken. Bislang ist die Abrechnungsweise in der Lieferkette im Ergebnis so, dass sie zu Lasten der Krankenkassen geht, weil dort der Herstellerrabatt nicht in der gewünschten Höhe ankommt (vgl. ausführlich Ammann, UR 2005, S. 180). Das weitere Verfahren ist deshalb von enormer praktischer Bedeutung. Die Lösung des Finanzgerichts ist keinesfalls unumstritten. So ist doch nach bisherigem Rechtsverständnis grundsätzlich davon auszugehen, dass in einer Preisminderung quasi "automatisch" ein anteiliger Netto- sowie ein anteiliger Umsatzsteuerbetrag enthalten sind.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.11.2007, 1 K 450/04