OFD Hannover, Verfügung v. 29.11.1996, S 7198 - 103 - StO 354/ S 7198 - 129 - StH 532

In letzter Zeit sind vermehrt Fragen zu der umsatzsteuerlichen Behandlung von mehrstufigem Leistungsaustausch aufgetreten, bei denen auf der Endstufe eine Nutzung durch Arbeitnehmer des mietenden Unternehmers vorliegt.

Beispiel 1:

A errichtet ein Gebäude mit Wohnungen und vermietet es langfristig an den Unternehmer B. Mit dem Bau wurde nach dem 10.11.1993 begonnen. B betreibt in der Nähe des Gebäudes eine Betriebsstätte, in der er ausschließlich steuerpflichtige Umsätze bewirkt. Er überläßt die Wohnungen unentgeltlich seinen Arbeitnehmern für Übernachtung bei Dienstreisen (kurzfristig). Die Leistungen des B sind nicht im Arbeitsvertrag vereinbart.

Kann A auf die Steuerfreiheit seiner Vermietungsumsätze verzichten?

Die Leistungen des B an die Arbeitnehmer sind nicht steuerbar, weil weder Leistungsaustausch noch Eigenverbrauch vorliegt. Es handelt sich hierbei um unentgeltliche Leistungen für Zwecke des Unternehmens des B Abschn. 12 Abs. 2 Satz 6 UStR). Außerdem erfüllt B nicht den generellen Wohnbedarf seiner Arbeitnehmer, sondern deckt einen durch seine unternehmerische Tätigkeit hervorgerufenen zusätzlichen Wohnbedarf seiner Arbeitnehmer (vgl.Abschn. 12 Abs. 4 Nr. 8 UStR und BFH-Urteil vom 21.7.1994, V R 21/92, BStBl 1994 II S. 881). Die empfangenen Mietleistungen sind wirtschaftlich den Ausgangsumsätzen des Unternehmers zuzurechnen und daher für diese verwendet worden (vgl. BFH-Urteil vom 4.3.1993, V R 73/87, BStBl 1993 II S. 525). Da die kurzfristige Vermietung von Wohnungen im Falle der Entgeltlichkeit steuerbar und steuerpflichtig wäre § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG), ist der Vorsteuerabzug auch nicht durch § 15 Abs. 2 Nr. 3 UStG ausgeschlossen.

Lösung: A kann auf die Steuerfreiheit seiner Vermietungsumsätze verzichten, weil der Leistungsempfänger B das Grundstück ausschließlich für Zwecke verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, § 9 Abs. 2 UStG in der ab 1.1.1994 geltenden Fassung. Der Vorsteuerabzug aus der Errichtung des Gebäudes ist folglich zulässig.

Beispiel 2:

Wie Beispiel 1, das Gebäude wurde jedoch bereits im Jahre 1992 fertiggestellt.

Der Verzicht auf Steuerbefreiung bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ist gem. § 9 Abs. 2 UStG a.F. (bis Ende 1993) nur zulässig, soweit das Grundstück weder Wohnzwecken noch anderen nichtunternehmerischen Zwecken dient oder zu dienen bestimmt ist. „Wohnzwecken” in diesem Sinne dient Wohnraum nur dann, wenn dieser nicht zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereitgehalten wird (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.1994, XI R 3/94, BStBl 1995 II S. 513 undAbschn. 84 Abs. 1 UStR). Die eigenen Arbeitnehmer sind Fremde (siehe Lange, UR 1995 S. 425, 428 entgegen FG München, Urteil vom 9.12.1991, 3 K 1023/90, EFG 1992 S. 370).

Lösung: A kann auf die Steuerfreiheit seiner Vermietungsumsätze verzichten, weil B das Grundstück weder zu Wohnzwecken noch zu anderen nichtunternehmerischen Zwecken nutzt. Der Vorsteuerabzug für A aus der Errichtung des Gebäudes ist folglich zulässig.

Beispiel 3:

Wie Beispiel 1, jedoch nutzen die Arbeitnehmer des B die Wohnungen regelmäßig über einen längeren Zeitraum.

Für die Beantwortung der Frage, ob Räume zur kurzfristigen Beherbergung bereitgehalten werden, kommt es grundsätzlich nicht auf die Dauer der Vermietung an, sondern auf die aus den äußeren Umständen ableitbare Absicht des Vermieters ( BFH-Urteil vom 20.4.1988, X R 5/82, BStBl 1988 II S. 795, und vom 13.9.1988, V R 46/83, BStBl 1988 II S. 1021). Bietet ein Unternehmer dieselben Räume wahlweise zur lang- oder kurzfristigen Vermietung an, so besteht Steuerpflicht hinsichtlich sämtlicher Umsätze (BFH-Urteil vom 27.10.1993, XI R 69/90, undAbschn. 84 Abs. 2 UStR). Ist eine Wohnung nach dem Willen des Unternehmers zur Dauernutzung bestimmt, werden einzelne Räume aber gelegentlich Fremden überlassen, so ist § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG hingegen nicht erfüllt ( BFH-Urteil vom 30.11.1994, XI 3/94, BStBl 1995 II S. 513).

Im Beispiel 3 ist die Vermietung nicht kurzfristig im Sinne des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG. Die Leistung des B an seine Arbeitnehmer wäre im Falle der Entgeltlichkeit steuerfrei nach § 4 Nr. 12 a UStG, B verwendet das Gebäude somit für Zwecke, die nach § 15 Abs. 2 Nr. 3 UStG den Vorsteuerabzug ausschließen.

Lösung: A kann auf die Steuerfreiheit seiner Vermietungsumsätze nicht verzichten. Der Vorsteuerabzug aus der Errichtung des Gebäudes ist folglich nicht zulässig.

Beispiel 4:

Wie Beispiel 3, das Gebäude wurde aber bereits vor dem 1.4.1985 fertiggestellt (Baubeginn: Frühjahr 1984). A hat es im Jahr 1995 erworben. Im Kaufvertrag war Umsatzsteuer ausgewiesen.

Gem. § 27 Abs. 2 UStG 1993 ist § 9 Abs. 2 UStG nicht anzuwenden, wenn das Gebäude Wohnzwecken dient, vor dem 1.4.1985 fertiggestellt worden ist und mit der Errichtung des Gebäudes vor dem 1.6.1984 begonnen worden ist. Durch die Veräußerung wird die Frage, ob die Option zulässig ist, nicht beeinflußt (s. auchAbschn. 148 a Abs. 7 UStR), d.h. die Gebäu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge