Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Führen Veranstalter Sachlotterien durch, können sich dadurch verschiedene umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen ergeben. Das LfSt Niedersachsen hat in einer Verfügung zu den wichtigsten Fragen rund um die Sachlotterien Stellung genommen.
Der Verkauf der Lose stellt eine Lieferung dar. Die Losverkäufe sind steuerfrei, wenn sie unter das Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) fallen. Dies soll aber nicht gelten, wenn die Verkäufe der Lose von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder diese Steuer nicht erhoben wird. Zu steuerpflichtigen Umsätzen führen damit insbesondere die folgenden Vorgänge:
- Im Inland steuerbare Umsätze von Online-Glücksspielen.
- Genehmigte Sachlotterien zu ausschließlich gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken, bei denen der Gesamtpreis der einzelnen Lotterien den Wert von 40.000 EUR nicht übersteigt.
- Sachlotterien auf Volksfesten, Jahrmärkten u. ä. Veranstaltungen, bei denen die Gestehungskosten eines Gewinns höchstens 60 EUR betragen, mindestens 50 % der Gesamteinsätze an die Spieler zurückfließen und mindestens 20 % der Lose zu Gewinnen führen. Diese Lotterien sind nicht erlaubnispflichtig und fallen deshalb nicht unter das RennwLottG.
Werden die genannten Grenzen für die nicht unter das RennwLottG fallenden Sachlotterien überschritten, unterliegen die Lotterien der Lotteriesteuer von 20 %. Der Verkauf der Lose ist dann nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit.
Liegen keine umsatzsteuerfreien Lotterien vor, bestimmt sich die Bemessungsgrundlage ausgehend von den Verkaufserlösen und kann nicht auf den Überschuss nach Abzug der Ausgaben für die Gewinne begrenzt werden. Die Umsatzsteuer ist regelmäßig mit dem Regelsteuersatz aus den Einnahmen aus den Losverkäufen herauszurechnen. Bei Lotterien zu ausschließlich gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken, bei denen der Gesamtpreis der einzelnen Lotterien den Wert von 40.000 EUR nicht übersteigt, kommt allerdings der ermäßigte Steuersatz von 7 % zu Anwendung.
Die Abgabe der Sachgewinne erfolgt unentgeltlich außerhalb eines Leistungsaustauschs und ist deshalb nicht steuerbar. Der Lospreis ist kein Entgelt für einen Gewinn.
Bezüglich des Vorsteuerabzugs aus dem Erwerb der Sachgewinne vertritt das LfSt Niedersachsen die Auffassung, dass der Veranstalter aus dem Leistungsbezug nicht zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG berechtigt ist, wenn der Sachgewinn zweckgerichtet für die unentgeltliche Wertabgabe erworben wurde. Soweit aber die Anschaffungskosten netto 35 EUR nicht überschreiten sollten, soll keine dem Grunde nach unter § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG fallende Wertabgabe vorliegen, sodass der Veranstalter, soweit keine andere Einschränkung vorliegen sollte, den Vorsteuerabzug in Abhängigkeit von der Gesamttätigkeit des Unternehmens erhalten soll. Bei einer umsatzsteuerfreien Lotterie wäre dann der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen.
Bezüglich der Sachgewinne bis 35 EUR kann fraglich sein, ob die Rechtsauffassung des LfSt Niedersachsen zutreffend ist. Nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG sind von der Annahme einer als Lieferung geltenden entgeltlichen Wertabgabe Geschenke bis 35 EUR ausgenommen. In der Verfügung wird einfach unterstellt, dass der Sachgewinn ein "Geschenk" i. S. d. Regelung ist. Dies erscheint unzutreffend. Gewinne sind systematisch keine Geschenke, sodass die Einschränkung des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG hier nicht einschlägig ist und deshalb der Vorsteuerabzug unabhängig von der Wertgrenze ausgeschlossen sein müsste.
Konsequenzen für die Praxis
Sachlotterien erfordern sowohl eine Prüfung aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht, aber auch aus der Sicht des RennwLottG. Die Erhebung der Rennwett- und Lotteriesteuer beeinflusst insoweit die Steuerpflicht im Umsatzsteuerrecht. Ob das LfSt Niedersachsen bezüglich der Vorsteuerabzugsberechtigung der Sachgewinne bis 35 EUR eine systematisch zutreffende Lösung anbietet, muss allerdings bezweifelt werden. Da die Auslegung aber zugunsten der Veranstalter erfolgt, sollte dies hingenommen werden.
Link zur Verwaltungsanweisung
LfSt Niedersachsen, Verfügung v. 3.7.2019, S 7109 – 5 – St 171, DStR 2019 S. 1870.