OFD Niedersachsen, Verfügung v. 8.5.2017, S 7243 - 12 - St 184
I. Vor dem 1.7.2015 ausgeführte Umsätze
1. Allgemeines
Mit Urteil vom 12.5.2005, V R 54/02 (BStBl 2007 II S. 283) hat der BFH entschieden, dass die Verabreichung eines Heilbades nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, wenn sie der Behandlung einer Krankheit oder einer Gesundheitsstörung und damit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dient. Bei der Nutzung einer Sauna in einem Fitnessstudio könne hiervon keine Rede sein; sie diene regelmäßig dem allgemeinen Wohlbefinden.
Das v.g. BFH-Urteil vom 12.5.2005 (a.a.O.) ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus für bis zum 30.6.2015 ausgeführte Umsätze nicht anzuwenden (BMF-Schreiben vom 20.3.2007, IV A 5 – S 7243/07/002, BStBl 2007 I S. 307 ; Nichtanwendungserlass und BMF-Schreiben vom 28.10.2014, BStBl 2014 I S. 1439).
Es gilt somit die bisherige Rechtslage. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Zu den Heilbädern gehören auch Saunabäder (vgl. auch Abschn. 12.11 Abs. 3 Nr. 3 UStAE 2013/2014). Saunabäder sind als Heilbäder anzusehen, unabhängig davon, ob im Einzelfall ein bestimmter Heilzweck nachgewiesen wird (vgl. auch Abschn. 12.11 Abs. 4 Satz 1 UStAE 2013/2014).
2. Saunaleistungen in Fitnessstudios
Nach dem o.a. BMF-Schreiben vom 20.3.2007 ist es entgegen der Auffassung des BFH nicht ausgeschlossen, dass eine Sauna, die in einem Fitnessstudio betrieben wird, allgemeinen Heilzwecken dient und damit die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG erfüllt. Die Grundsätze der Einheitlichkeit der Leistung bleiben jedoch unberührt.
Entscheidend für die Bestimmung des Steuersatzes ist somit die Frage, ob nach den im Einzelfall gegebenen Umständen die Überlassung der Sauna eine selbständige, ggf. neben anderen Leistungen erbrachte Hauptleistung oder eine umsatzsteuerlich unselbständige Nebenleistung zu einer nicht begünstigenden Hauptleistung darstellt.
Der Betreiber eines Sportzentrums verabreicht keine Saunabäder i.S.d. Steuerermäßigungsvorschrift, wenn er den Leistungsempfängern neben einer Sauna noch weitere, nicht von § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG erfasste Einrichtungen und Leistungen gegen ein monatliches Pauschalentgelt unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme zur Verfügung stellt. Vielmehr liegt eine einheitliche Leistung, eine Leistung besonderer Art vor, die nicht unter die Begünstigungsvorschrift fällt (BFH-Urteil vom 8.9.1994, V R 88/92, BStBl 1994 II S. 959). Diese einheitliche Leistung (Zulassung zur Nutzung einer Gesamtanlage mit Trocken- und Nassbereich) überschreitet den in § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG gesetzten Rahmen und kann auch nicht durch eine getrennte Aufzeichnung ihrer Bestandteile oder durch die kalkulatorische Aufspaltung des Entgelts auf die Leistungsbestandteile wieder in mehrere einzelne Leistungen zerlegt werden (BFH-Urteil vom 28.9.2000, V R 14, 15/99, BStBl 2001 II S. 78).
Beispiel:
In einem Fitnessstudio werden dem Kunden sowohl ein Sport- und Fitnessbereich als auch ein Saunabereich angeboten.
Der Kunde zahlt nur für den Sport- und Fitnessbereich und hat kein Recht die Saunaleistungen in Anspruch zu nehmen.
- umsatzsteuerliche Beurteilung: Die Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz.
1. Abwandlung
Der Kunde zahlt nur für die Inanspruchnahme der Sauna und hat kein Recht die Sport- und Fitnessleistungen in Anspruch zu nehmen.
2. Abwandlung
Der Kunde zahlt für Sport- und Fitnesstraining und Saunanutzung unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme.
- umsatzsteuerliche Beurteilung: Diese Umsätze unterliegen dem Regelsteuersatz, da die Gesamtleistung nach dem umsatzsteuerlichen Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung nicht aufgeteilt werden kann. Dem Kunden wird das Recht eingeräumt, die Einrichtungen und die damit verbundenen Nutzungsmöglichkeiten insgesamt in Anspruch zu nehmen. Dadurch wird gegenüber dem Kunden eine einheitliche Leistung eigener Art erbracht (vgl. BFH-Urteile der Tz. 2 und BFH-Beschluss vom 22.11.2000, V B 115/00, BFH/NV 2001 S. 655).
II. Nach dem 30.6.2015 ausgeführte Umsätze
Seit dem 1.7.2015 sind Saunaleistungen mit dem allgemeinen Steuersatz gem. § 12 Abs. 1 UStG zu versteuern, s. BMF-Schreiben vom 28.10.2014, BStBl 2014 I S. 1439, während die unmittelbar mit dem Betrieb eines Schwimmbades verbundenen Umsätze nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG ermäßigt zu besteuern sind.
Werden in einem Schwimmbad oder einer ähnlichen Einrichtung neben der Gelegenheit zum Schwimmen weitere Leistungen (wie z.B. Nutzung von Sauna, Solarium oder Geräten zur Steigerung der Fitness) angeboten, gelten für die Aufteilung eines einheitlichen Gesamtentgeltes auf die dem ermäßigten bzw. dem all...