OFD München, Verfügung v. 6.8.1999, S 7100 - 202 St 432
Wasseranschlußbeiträge und Baukostenzuschüsse …
Wasserversorgungsunternehmen (Wasserwerke) sind unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, vom Grundstückseigentümer für das Legen und Unterhalten von Wasserleitungen und für den Anschluß an das Rohrnetz Kostenbeiträge zu verlangen (sog. Wasseranschlußbeiträge bzw. Rohrnetzkostenbeiträge). In Zusammenhang mit dem Herstellen des Anschlusses durch das Versorgungsunternehmen zahlen Grundstückseigentümer oftmals auch privatrechtlich vereinbarte Baukostenzuschüsse, die zum Bezug von Wasser zu allgemeinen (d.h. um die Baukostenzuschüsse bereinigten) Tarifen berechtigen.
… sind Entgelt für sonstige Leistungen des Wasserwerks
Die Wasseranschlußgebühr oder der Rohrnetzkostenbeitrag sind Entgelt für eine sonstige Leistung des Wasserversorgungsunternehmens, die darin besteht, daß das Versorgungsunternehmen dem Berechtigten die Möglichkeit verschafft, sein der Beitragspflicht unterliegendes Grundstück an das -öffentliche Wasserversorgungsnetz anzuschließen. Diese Leistung wird im Rahmen eines umsatzsteuerlichen Leistungsaustausches erbracht (vgl. BFH-Urteil vom 28.1.1988, V R 112/86, BStBl 1988 II S. 473).
Umsatzsteuerlichen Entgeltscharakter haben auch die privatrechtlich vereinbarten Baukostenzuschüsse, denn hiermit erlangt der Kunde eine (auch an Käufer oder Mieter des angeschlossenen Grundstücks übertragbare) Rechtsposition, die sich als „Recht auf Belieferung zu allgemeinen (d.h. um die Baukostenzuschüsse bereinigten) Tarifen” bezeichnen läßt.
O.g. Leistungen sind …
in der Regel unselbständige Nebenleistungen zu den späteren Wasserlieferungen.
Ermäßigter Steuersatz
Die vorgenannten sonstigen Leistungen sind in der Regel unselbständige Nebenleistungen zu den dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Lieferungen von Wasser (vgl. BMF-Schreiben vom 27.12.1983, Tz. 92, BStBl 1983 I S. 567, Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG, Nr. 34). Voraussetzung ist jedoch, daß Schuldner der Wasseranschlußbeiträge bzw. Baukostenzuschüsse und der Empfänger der Wasserlieferungen identisch sind. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Bauherr das von ihm errichtete Gebäude anschließend selbst bewohnt.
…. selbständige Hauptleistungen, wenn Schuldner der Wasseranschlußbeiträge bzw. Baukostenzuschüsse und Empfänger der Wasserlieferungen nicht identisch sind.
Wird aber ein bereits angeschlossenes Grundstück veräußert, ist Empfänger der Anschlußleistung der Bauherr oder das Bauunternehmen, während die Wasserlieferung ausschließlich an den späteren Erwerber erfolgt.
Unter diesen Umständen können die „Anschlußleistung” oder das „Belieferungsrecht zu günstigen Tarifen” nicht mehr Nebenleistung zu den späteren Wasserlieferungen sein.
Eine Leistung ist nur dann als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie im Vergleich zu der Hauptleistung nebensächlich ist, mit ihr eng – im Sinne einer wirtschaftlich gerechtfertigten Abrundung und Ergänzung – zusammenhängt und üblicherweise in ihrem Gefolge vorkommt Abschn. 29 Abs. 3 Satz 3 UStR). Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung soll gewährleisten, daß ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang umsatzsteuerrechtlich nicht in mehrere Leistungen aufgeteilt wird. Werden jedoch mehrere Leistungen an verschiedene Personen erbracht, kann nicht mehr von einem solchen wirtschaftlich einheitlichen Vorgang ausgegangen werden.
In diesem Falle ist die sonstige Leistung des Wasserwerks an den Empfänger der Anschlußleistung einerseits und die Lieferung des Wassers an den späteren Grundstückseigentümers andererseits jeweils für sich betrachtet – als selbständige Hauptleistung zu beurteilen.
Regelsteuersatz
Infolgedessen sind die o.g. sonstigen Leistungen dem Regelsteuersatz zu unterwerfen, wenn Schuldner der Wasseranschlußbeiträge bzw. Baukostenzuschüsse und Empfänger der Wasserlieferungen nicht identisch sind.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1