LfSt Niedersachsen, Schreiben vom 21.2.2023, S 7100 - St 172 - 570/2023
Nicht vermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft (z.B. durch Erschließung eines Bau- oder Gewerbegebietes, Bau von Straßen, Errichtung von Gebäuden, Abtragen von Bodenvorkommen) sind durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder, soweit dies nicht möglich ist, durch einen Ersatz in Geld zu kompensieren (§ 13 BNatSchG).
Der Eingriffsverursacher ist in der Regel nicht in der Lage, die Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen selbst durchzuführen. Er verfügt nicht über geeignete Grundstücke und/oder ist nicht bereit, Grundstücke über Jahre i.S. einer Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme lediglich extensiv zu nutzen (z.B. Feuchtbiotop, Streuobstwiese, Reduzierung weidender Tiere, Verbot der Ausbringung von Gülle und Pflanzenschutzmitteln).
Die Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen werden vielmehr von einem Dritten (z.B. Naturschutzbehörde, Land- und Forstwirt oder Stiftung) erbracht, an den der Eingriffsverursacher Zahlungen leistet. Da die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowohl räumlich als auch zeitlich unabhängig vom Eingriff selbst durchgeführt werden können, schaffen Dritte auch Vorratsflächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Die auf den Vorratsflächen vorgenommenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werden in Ökopunkte umgerechnet, die handelbar sind. Weder bei der Durchführung von Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen noch beim Verkauf von Ökopunkten liegt eine Grundstückslieferung oder eine Grundstücksvermietung vor. Denn der Eingriffsverursacher hat nur ein Interesse daran, von seiner Verpflichtung eine Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme durchführen zu müssen, befreit zu werden. Er erwirbt oder mietet kein Grundstück.
Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen durch die Naturschutzbehörde
Nach § 7 Abs. 3 NNatSchG lässt die Naturschutzbehörde die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf Kosten des Verursachers durchführen, wenn dieser ein solches Vorgehen mit der Behörde vereinbart hat. Sie entfaltet damit eine Tätigkeit, die sich ihrem Inhalt nach von der Tätigkeit eines privaten gewerblichen Unternehmens nicht wesentlich unterscheidet. Die Tätigkeit begründet bei der Naturschutzbehörde grundsätzlich einen Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG i.V.m. § 4 KStG (vgl. KSt-Kartei ND § 4 KStG Karte B 14). Die Zahlungen des Eingriffsverursachers sind steuerbar und steuerpflichtig zum allgemeinen Steuersatz.
Unter der Rechtslage des § 2b UStG kommt es darauf an, ob die Naturschutzbehörde eine marktrelevante Tätigkeit ausübt, die ihr im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegt. Die Anwendung des § 2b UStG ist nur dann vom Grundsatz her eröffnet, sofern die Naturschutzbehörde auf Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung und in öffentlich-rechtlicher Handlungsform tätig wird (BMF-Schreiben vom 16.12.2016, BStBl 2016 I S. 1451, Rz. 6).
Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen durch einen Land- und Forstwirt
Verpflichtet sich der Land- und Forstwirt gegenüber dem Eingriffsverursacher, die Belastung bestimmter Flächen seines Betriebes mit Naturschutzauflagen zu dulden, erbringt er eine steuerpflichtige sonstige Leistung (Abschn. 4.12.8 Abs. 1 Satz 2 UStAE), die auch bei einem pauschalierenden Land- und Forstwirt der Regelbesteuerung unterliegt. Führt der Land- und Forstwirt daneben die Ausgleichsmaßnahme durch, erbringt er eine weitere selbständige Leistung an den Eingriffsverursacher.
Erbringt der Land- und Forstwirt die Ausgleichsmaßnahme bereits im Voraus gemäß § 16 BNatSchG und veräußert er an den Eingriffsverursacher Ökopunkte, ist diese Veräußerung eine dem allgemeinen Steuersatz unterliegende sonstige Leistung.
Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen durch einen anderen Dritten (z.B. Stiftung)
Verpflichtet sich ein Dritter vertraglich gegenüber dem Eingriffsverursacher, die Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme durchzuführen, erbringt er eine grundsätzlich dem allgemeinen Steuersatz unterliegende sonstige Leistung. Gleiches gilt, wenn der Dritte Ökopunkte an den Eingriffsverursacher veräußert. Handelt es sich bei dem Dritten um eine Körperschaft, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt, können sowohl bei der Durchführung der Kompensationsmaßnahmen als auch beim Verkauf von Ökopunkten die Voraussetzungen des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG vorliegen (zur gemeinnützigkeitsrechtlichen Einordnung des Ökopunktehandels vgl. KSt-Kartei ND § 5 KStG Karte H 15.8).
Übertragung von Einnahmen aus Ersatzzahlungen gemäß § 7 Abs. 6 NNatSchG
Kann eine unvermeidbare Beeinträchtigung der Natur nicht ausgeglichen oder ersetzt werden, haben die Eingriffsverursacher Ersatz in Geld an die Naturschutzbehörde zu leisten (§ 15 Abs. 6 BNatSchG). Die Naturschutzbehörde ist berechtigt, Einnahmen aus Ersatzzahlungen zur Verwendung nach ihren Vorgaben auf Dritte zu übertragen (§ 7 Abs. 6 NNatSchG). Die umsatzsteuerliche Beurteilung dieser auf den Dritten übertragenen Zahlungen richtet sich nach Abschn. ...