Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Überblick
Im Groß- und Einzelhandel werden regelmäßig Warenumschließungen abgegeben. Dies kann gegen ein gesondert berechnetes Entgelt, unentgeltlich oder im Rahmen von Tauschsystemen geschehen. Die Finanzverwaltung grenzt die umsatzsteuerrechtlichen Folgen aus der Überlassung von Transporthilfsmitteln und Warenumschließungen ab und nimmt zur Überlassung von Transporthilfsmitteln im Rahmen von Tauschsystemen Stellung. Dort ergeben sich erhebliche Änderungen, da nicht mehr von einer Lieferung, sondern von einem Sachdarlehen (sonstige Leistung) auszugehen ist.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Bei der Abgabe von Waren werden auf allen Handelsstufen Warenumschließungen mit abgegeben, die dem jeweiligen Leistungsempfänger teilweise gegen ein gesondertes Entgelt (Pfand), teilweise unentgeltlich abgegeben werden. In bestimmten Fällen (insbesondere bei Euro-Flachpaletten oder Euro-Güterboxpaletten) werden die Gegenstände in Tauschsystemen überlassen. Dabei kann es sowohl zur Berechnung von Abwicklungsentgelten ("Handling") wie auch zu Ausgleichszahlungen bei Nichtrückgabe kommen.
Die Überlassung von Warenumschließungen kann sich aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht als entgeltlicher Umsatz (Lieferung und ggf. Rücklieferung), als Nebenleistung, die das Schicksal der Hauptleistung teilt, als unentgeltliche Wertabgabe oder als Sachdarlehen darstellen. Dabei kommt es jeweils darauf an, um welche Art Warenumschließung es sich handelt, und welche Vereinbarungen zwischen den Beteiligten getroffen wurden.
Die zutreffende umsatzsteuerrechtliche Einordnung ist sowohl für die richtige Ermittlung der Umsatzsteuer des leistenden Unternehmers als auch für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers von Bedeutung. Zudem ergeben sich erhebliche Unterschiede für die jeweilige Rechnung oder Gutschrift.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Grundsätzlich muss bei der Überlassung von Transportmitteln unterschieden werden, ob diese gegen ein gesondert vereinbartes Pfandgeld oder im Rahmen von Tauschmitteln überlassen werden.
Überlassung von Transportbehältnissen gegen Pfand
Für die zutreffende umsatzsteuerrechtliche Beurteilung muss unterschieden werden, ob es sich um ein selbstständiges Transporthilfsmittel oder um eine Warenumschließung handelt.
Selbstständige Transporthilfsmittel können auf allen Handelsstufen eingesetzt werden, werden aber grundsätzlich nicht an den Endverbraucher geliefert.
Liegen selbstständige Transporthilfsmittel vor, werden diese – soweit ein gesondertes Entgelt dafür verlangt wird (z. B. Pfand) – im Rahmen einer eigenständigen Lieferung abgegeben. Dabei kommt der Regelsteuersatz (19 %) zur Anwendung, unabhängig davon, für welche Art Waren diese Hilfsmittel verwendet werden. Der Empfänger des Transporthilfsmittels ist – soweit eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt – zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt, da davon auszugehen ist, dass er selbst keine vorsteuerabzugsschädlichen Ausgangsleistungen ausführen wird.
Gibt der Empfänger der Transporthilfsmittel diese – regelmäßig gegen Rückzahlung des Pfands – an den Lieferer zurück, vollzieht sich dies im Rahmen einer eigenständigen (Rück-)Lieferung. Der Unternehmer, der die Rücklieferung ausführt, muss einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz (zum Regelsteuersatz) anmelden und schuldet die Umsatzsteuer. Der Empfänger der Rücklieferung hat einen Vorsteuerabzug aus dieser Rücklieferung, soweit ihm darüber eine ordnungsgemäße Rechnung erteilt wird.
In der Praxis bietet sich an, dass in diesen Fällen mit einer Gutschrift über die Rückgabe der Transporthilfsmittel abgerechnet wird. Dabei ist auf die besonderen Rechnungsangaben (Pflichtangabe "Gutschrift") zu achten.
Fischgroßhändler F verkauft Fisch an Einzelhändler in Fischtransportkisten. Für die besonderen Transportkisten berechnet er seinem Kunden 10 EUR (netto) als Pfand. Bei Rückgabe der Fischtransportkisten wird dem Einzelhändler das Pfand erstattet.
Die Lieferung der Fische unterliegt bei F als steuerbare und steuerpflichtige Lieferung dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Die Abgabe der Fischtransportkisten führt als eigenständige steuerbare und steuerpflichtige Lieferung zum Regelsteuersatz. F muss seinem Einzelhändler für jede Kiste 10 EUR zzgl. 1,90 EUR Umsatzsteuer berechnen; der Einzelhändler kann einen entsprechenden Vorsteuerabzug vornehmen. Gibt der Einzelhändler die Fischtransportkiste gegen Rückzahlung des Pfands an F zurück, erfolgt dies ebenfalls im Rahmen eines steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatzes zu 19 %. Der Einzelhändler muss F eine ordnungsgemäße Rechnung ausstellen bzw. F muss eine ordnungsgemäße Gutschrift erstellen. F hat daraus einen entsprechenden Vorsteuerabzug.
Die Überlassung von Warenumschließungen stellt eine unselbstständige Nebenleistung zu der eigentlichen Lieferung dar und führt somit nicht zu einer eigenständigen Leistung. Werden solche...