Leitsatz
Schichtet ein Vermögensübernehmer das überlassene Vermögen in nicht ausreichend ertragbringende Wirtschaftsgüter um, sind die wiederkehrenden Leistungen auch dann nicht als Sonderausgaben abziehbar, wenn die Beteiligten die geschuldeten Versorgungsleistungen an die Erträge der neu erworbenen Vermögensgegenstände anpassen (Anschluss an BFH-Urteil vom 17.03.2010, X R 38/06, BFH/NV 2010, 1700, BFH/PR 2010, 421).
Normenkette
§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG
Sachverhalt
Die Eltern der Kläger übertrugen den Klägern im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ein bebautes Grundstück gegen monatliche Zahlung von insgesamt 1 789 EUR. Die Anwendbarkeit der gegenseitigen Abänderbarkeit der Versorgungsrente entsprechend § 323 ZPO wurde ausdrücklich vereinbart. In dem übertragenen Gebäude betrieben die Kläger eine ärztliche Praxisgemeinschaft. In den Jahren 2001 und 2003 veräußerten die Kläger das übertragene Grundstück für insgesamt 600 000 DM an andere Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis. Den Erlös verwendeten sie zur Tilgung von Darlehen für ein vermietetes Grundstück, für die Praxis sowie für das selbst genutzte Einfamilienhaus. Die Tilgungen führten ab 01.07.2003 zu einer jährlichen Zinsersparnis i.H. v. ca. 15 000 EUR. Ebenfalls ab diesem Zeitpunkt reduzierten die Kläger die monatlichen Versorgungsleistungen an die Eltern vereinbarungsgemäß auf 1 000 EUR.
Das FA erkannte die Zahlungen ab dem 01.07.2010 nicht als Sonderausgaben i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG an, sondern beurteilte sie als Unterhaltsrente i.S.v. § 12 Nr. 2 EStG. Das FG hat der Klage stattgegeben (Niedersächsisches FG, Urteil vom 04.11.2009, 2 K 277/07, Haufe-Index 2278399, EFG 2010, 411). Im Fall einer nachträglichen Veräußerung des übergebenen Vermögens sei eine Umschichtung auch dann unschädlich, wenn keine anderweitige existenzsichernde Wirtschaftseinheit angeschafft, sondern der Erlös zur Tilgung von Schulden verwendet werde, sofern dadurch Zinsaufwendungen erspart würden, die nicht geringer als die zugesagten Versorgungsleistungen seien.
Entscheidung
Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil aus den oben unter Praxis-Hinweisen stehenden Gründen auf und wies die Klage ab.
Hinweis
Dieses Urteil zum Thema "Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen" ist im Zusammenhang mit den jüngsten Urteilen des X. Senats vom 17.03.2010, X R 38/06 (BFH/NV 2010, 1700, BFH/PR 2010, 421) und vom 15.09.2010, X R 13/09 (BFH/NV 2011, 127, BFH/PR 2011, 45) zu sehen. Es enthält wichtige Aussagen zum einen zur Möglichkeit der Umschichtung des im Rahmen der Vermögensübergabe erhaltenen Vermögens und zum anderen zur Abänderbarkeit der ursprünglichen Vereinbarung mit dem Vermögensübergeber.
1. In dem Urteil vom 17.03.2010, X R 38/06 hatte der X. Senat entschieden, dass neben der bislang von der Rechtsprechung anerkannten Möglichkeit, ertragloses Vermögen in Absprache mit dem Übergeber in ausreichend ertragbringendes Vermögen umzuschichten, auch die Umschichtung einer ausreichend ertragbringenden Wirtschaftseinheit in anderes ausreichend ertragbringendes Vermögen grundsätzlich zulässig ist. Dabei ist diese Form der Umschichtung nicht an die Zustimmung des Vermögensübergebers gebunden. Voraussetzung einer solchen Umschichtung ist jedoch, dass mit dem Reinvestitionsgut genügend Nettoerträge erwirtschaftet werden, um die Versorgungsleistungen zu decken.
Unabhängig davon, ob auch ersparte private Zinsaufwendungen bei der Ermittlung der Nettoerträge berücksichtigt werden können (a.A. das insoweit noch aktuelle BMF-Schreiben vom 16.09.2007, BStBl I 2004, 922, Tz. 21), reichten im Streitfall die ersparten Zinsaufwendungen nicht aus, um die Versorgungsleistungen an die Eltern zu erbringen, da die zeitgleiche Herabsetzung der Versorgungsleistungen nicht berücksichtigt werden konnte.
2. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Vertragsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen steuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn die Verträge bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Zusätzlich hat der X. Senat in seinem Urteil vom 15.09.2010, X R 13/09 (BFH/NV 2011, 127, BFH/PR 2011, 45) noch gefordert, dass künftig über das Formerfordernis in § 761 BGB hinaus auch nachträgliche Einschränkungen der Rentenverpflichtung schriftlich belegt werden müssen.
Wie aber ist der Fall zu beurteilen, in dem der Vermögensübernehmer durch eine willentliche Entscheidung seine Leistungsfähigkeit schmälert und er eine Änderung des Versorgungsvertrags nach § 323 ZPO (jetzt § 323a ZPO) verlangt?
Steuerrechtlich ist davon auszugehen, dass bei einem solchen Vorgehen den Vertragsparteien der erforderliche Rechtsbindungswille fehlt. Der Versorgungsvertrag hat für die Parteien den Charakter der Beliebigkeit, wenn er ohne Prüfung der Frage, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Änderung nach § 323 ZPO vorliegen, an die nach der Vermögensumschichtung veränderten Verhältnisse angepasst wird. Denn ein am Vers...