3.2.3.1 Empfehlung der Europäischen Kommission vom 28.1.2016
Die Kommission sprach am 28. Januar 2016 die Empfehlung aus, eine allgemeine Vorschrift zur Verhinderung von Missbrauch auf Basis einer "Prüfung des Hauptzwecks" in die Doppelbesteuerungsabkommen untereinander und mit Drittstaaten aufzunehmen. Diese Empfehlung kann vom Rat nicht mehr verändert werden. Sie ist jedoch unverbindlich. Die Empfehlung lautet wie folgt:
Unbeschadet der übrigen Bestimmungen dieses Abkommens wird eine Vergünstigung im Rahmen dieses Abkommens für einen Ertrags- oder Kapitalposten nicht gewährt, wenn vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass unter Berücksichtigung aller relevanten Fakten und Umstände das Erlangen dieser Vergünstigung einer der Hauptzwecke einer Regelung oder Transaktion war, die unmittelbar oder mittelbar diese Vergünstigung zur Folge hatte, es sei denn, es wird nachgewiesen, dass es sich um eine echte Wirtschaftstätigkeit handelt oder dass die Gewährung der Vergünstigung unter diesen Umständen im Einklang mit dem Gegenstand und dem Zweck der einschlägigen Bestimmung dieses Abkommens steht.
Diese Empfehlung ist wortgleich mit der BEPS-Empfehlung, jedoch ist eine weitere Ausnahme gegeben, wenn nachgewiesen wird, dass eine echte Wirtschaftstätigkeit vorliegt. Eine Empfehlung, auch die Limitation-on-Benefits-Regel einzuführen, liegt nicht vor.
3.2.3.2 Richtlinie des Rats mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken (ATAD)
Die Europäische Kommission entwickelte den GAAR aus dem GKKB-Projekt weiter und stellte ihn in dem Entwurf zur ATAD-Richtlinie vor. Während der Arbeiten zur ATAD-Richtlinie wurde der GAAR in der Ratsarbeitsgruppe immer weiter an die Fassung des GAAR in der Mutter-/Tochterrichtlinie angenähert.
Artikel 6
Allgemeine Vorschrift zur Verhinderung von Missbrauch
- Liegt – unter Berücksichtigung aller relevanten Fakten und Umständen – eine unangemessene Gestaltung oder eine unangemessene Abfolge von Gestaltungen vor, bei der der wesentliche Zweck oder einer der wesentliche Zwecke darin besteht, einen steuerlichen Vorteil zu erlangen, der dem Ziel oder Zweck des geltenden Steuerrechts zuwiderläuft, so berücksichtigen die Mitgliedstaaten diese bei der Berechnung der Körperschaftsteuerschuld nicht. Eine Gestaltung kann mehr als einen Schritt oder Teil umfassen.
- Für die Zwecke von Absatz 1 gilt eine Gestaltung oder eine Abfolge solcher Gestaltungen in dem Umfang als unangemessen, wie sie nicht aus triftigen wirtschaftlichen Gründen vorgenommen wurden, die die wirtschaftliche Realität widerspiegeln
- Bleiben Gestaltungen oder eine Abfolge solcher Gestaltungen gemäß Absatz 1 unberücksichtigt, so wird die Steuerschuld im Einklang mit nationalem Recht berechnet.
Diese Vorschrift ist durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften bis zum 31.12.2018 umzusetzen. Ein nationaler deutscher Vorschlag liegt bislang noch nicht vor.