7.1 Allgemeines
Die Europäische Kommission (KOM) hat im Januar 2016 ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Umsetzung bestimmter OECD-Empfehlungen in der EU vorgelegt. Die hieraus resultierende Richtlinie 2016/1164/EU (Anti-Tax-Avoidance-Directive – ATAD) wurde am 12.07.2016 durch den ECOFIN angenommen. Im Oktober 2016 legte die KOM einen Änderungsvorschlag zur ATAD bezüglich hybrider Gestaltungen in Anlehnung an die OECD/G20-Empfehlungen zu Aktionspunkt 2 vor, der mit Beschluss des ECOFIN am 25.05.17 zur Verabschiedung der Änderungsrichtlinie 2017/952/EU („ATAD 2“) führte.
Verschiedene Regelungen, insbesondere zur Hinzurechnungsbesteuerung hätten eigentlich bis zum 31.12.2018, andere wie z. B. zu hybriden Gestaltungen und den Regelungen der Entstrickung und Verstrickung bis zum 31.12.2019 umgesetzt werden müssen.
Im Gegensatz zu anderen EU-Ländern ist dies bislang in Deutschland nicht erfolgt, es kursieren nur nicht offiziell veröffentlichte Gesetzentwürfe.
Daher werden (derzeit) nachfolgend nur die Eckwerte (und die Abweichungen vom aktuellen deutschen Steuerrecht) dargestellt.
7.2 Entstrickung und Verstrickung
Die bisherigen Regelungen und der Änderungsbedarf sind in den nachfolgendne Übersichten dargestellt:
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Norm |
Regelungsinhalt |
Norm |
Derzeitiger Regelungsinhalt |
Änderungsbedarf nach ATAD |
§ 4 Abs. 1 S. 3 und 4 |
Fiktion einer Entnahme bei Ausschluss oder Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts; Nennung des Hauptanwendungsfalls mittels eines Regelbeispiels |
§ 4g |
Ausgleichspostenlösung; Verteilung der Steuer auf fünf Jahre. Nur für unbeschränkt Steuerpflichtige. Nur für WG des Anlagevermögens, die in eine ausländische Betriebsstätte desselben Stpfl. im EU-/EWR-Bereich überführt werden. Unwiderruflicher Antrag. |
Wechsel von der bilanziellen "Stundung" nach § 4g EStG auf eine "Zahlungsstundung"; Anwendung für alle Stpfl. und Wirtschaftsgüter. Verzinsung und Sicherheitenleistung möglich. |
§ 6 Abs. 3 |
Bei unentgeltlicher Übertragung eines (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils ist der gemeine Wert anzusetzen, sofern die Besteuerung der stillen Reserven nicht sichergestellt ist. |
- |
Sofortbesteuerung |
Keine unmittelbare Vorgabe durch die Richtlinie; da dort nur für KSt-Pflichtige Unternehmen vorgegeben; Rechtsvereinheitlichung durch den deutschen Gesetzgeber wahrscheinlich |
§ 16 Abs. 3S. 2 HS 2 |
Ansatz des gemeinen Werts i. R. d. Realteilung, sofern die Besteuerung der stillen Reserven nicht sichergestellt ist; entsprechende Anwendung des § 4 Abs. 1 S. 4 |
- |
Sofortbesteuerung |
§ 16 Abs. 3a |
Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Abs. 1 S. 4 gilt entsprechend |
§ 36 Abs. 5 |
Stundungsregelung für die bei grenzüberschreitender Verlegung eines Betriebs/Teilbetriebs anfallende Steuer auf den Aufgabegewinn. Zinslose Stundung in fünf gleichen Jahresraten. Die erste Jahresrate ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe desSteuerbescheids zu entrichten. Gilt nur für die ESt und KSt, nicht für die GewSt. Unterschiede zur Ausgleichspostenmethode nach §4g EStG:
- unbeschränkte Steuerpflicht nicht erforderlich,
- Geltung auch für EWR-Staaten,
- keine Meldepflichten wie in § 4g Abs. 5 EStG und keine Rückkehrerregelung wie in § 4g Abs. 3 EStG.
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§ 17 Abs. 5 i. V. m. § 15 Abs. 1a |
Beschränkung oder Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Anteilsveräußerung durch Verlegung des Sitzes oder des Orts der Geschäftsleitung der Kapitalgesellschaft |
- |
Grds. Sofortbesteuerung; Ausnahme: Bei Sitzverlegung innerhalb der EU wird der spätere Veräußerungsgewinn ungeachtet der DBA besteuert. |
AStG |
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Norm |
Regelungsinhalt |
Norm |
Regelungsinhalt |
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§ 6 |
Besteuerung des Vermögenszuwachses bei Beteiligungen i. S. d. § 17 EStG bei Wohnsitzwechsel ins Ausland. Setzt keinen Ausschluss oder Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts voraus. Erfasst nichtbeschränkt Steuerpflichtige (z. B. bei Wegfall des Besteuerungsrechts nach Art. 13 Abs. 4 OECD-MA wegen Unterschreitens der Grenze). Erfasst nicht Anteile an Investmentfondsund Anteile i. S. d. §20 Abs. 2 Nr. 1 EStG Umgehung durch Übertragung auf unbeschr. stpfl. Stiftung? |
§ 6 Abs. 5ff. |
Unbegrenzte zinslose Stundung ohne Sicherheitsleistung; jährliche Meldepflicht; Rückkehrregelung in § 6 Abs. 3 AStG bei nur vorübergehender Abwesenheit. ATAD: Erhebung von Stundungszinsen und Forderung einer Sicherheitsleistung zulässig. |
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KStG |
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Norm |
Regelungsinhalt |
Norm |
Regelungsinhalt |
Richtlinienvorgabe |
§ 12 Abs. 1 |
Fiktion der Veräußerung beiAusschluss oder Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts; Nennung des Hauptanwendungsfalls mittels eines Regelbeispiels |
§ 4g EStG |
Ausgleichspostenlösung; Verteilung der Steuer auf fünf Jahre. Nur für unbeschränkt Steuerpflichtige. Nur für WG des Anlagevermögens, die in eine ausländische Betriebsstätte desselben Stpfl. im EU-/EWR-Bereich überführt werden. Keine Anwendung bei passiver Entstrickung. Unwiderruflicher ... |