Leitsatz
Im Veranlagungszeitraum der Umstellung von einem zulässigerweise abweichenden Wirtschaftsjahr eines Gewerbetreibenden auf das Kalenderjahr enden zwei Wirtschaftsjahre (letztes abweichendes Wirtschaftsjahr und Rumpfwirtschaftsjahr). Diese Grundsätze gelten für die Umstellung von einem unzulässigerweise gewählten abweichenden Wirtschaftsjahr auf das Kalenderjahr im Jahr der letzten noch änderbaren Veranlagung entsprechend.
Normenkette
§ 4a EStG, § 8b Satz 2 Nr. 2 EStDV
Sachverhalt
Die Klägerin vermietet seit 1979 Appartements an Kurgäste. Sie erklärte bis zum Veranlagungszeitraum 1999 stets gewerbliche Einkünfte. Mit Zustimmung des FA wählte sie ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.4. bis 31.3.
Im Jahr 2001 berief sich die Klägerin gegenüber dem FA mit Erfolg darauf, sie sei zu keinem Zeitpunkt gewerblich tätig gewesen, da sie keine hoteltypischen Nebenleistungen erbracht habe. Ihre Einkünfte seien deshalb den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen.
Das FA erfasste (im ersten noch änderbaren) ESt-Bescheid für das Streitjahr 1997 den Gewinn des letzten abweichenden Wirtschaftsjahrs vom 1.4.1996 bis 31.3.1997 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Zusätzlich setzte es die in der Zeit vom 1.4. bis 31.12.1997 erzielten Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung an.
Mit der dagegen gerichteten Klage begehrte die Klägerin, gewerbliche Einkünfte nicht zu berücksichtigen und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht nur den Einnahmenüberschuss in der Zeit vom 1.4. bis 31.12.1997, sondern auch den Werbungskostenüberschuss im Zeitraum vom 1.1. bis 31.3.1997 zu berücksichtigen.
Das FG wies die Klage als unbegründet ab (EFG 2006, 97). Auf die Revision der Klägerin hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidung
Stellt ein Gewerbetreibender sein Wirtschaftsjahr von einem zulässigerweise abweichenden Wirtschaftsjahr auf das Kalenderjahr um, so enden im Veranlagungszeitraum der Umstellung zwei Wirtschaftsjahre. Daraus folgt, dass nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG der Gewinn des letzten abweichenden Wirtschaftsjahrs und der Gewinn des Rumpfwirtschaftsjahrs als im Kalenderjahr der Umstellung als bezogen gelten. Der Ermittlungszeitraum für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb beträgt insoweit mehr als ein Jahr.
Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Umstellung von einem unzulässigerweise gewählten abweichenden Wirtschaftsjahr auf das Kalenderjahr. Dies gebietet Art. 3 Abs. 1 GG. Derjenige, der – aus welchen Gründen auch immer – seine Einkünfte bisher zu Unrecht abweichend vom Kalenderjahr ermittelt hat, kann nicht besserstehen als derjenige, der zu einer solchen Gewinnermittlung berechtigt war und nun zur Gewinnermittlung nach dem Kalenderjahr wechseln möchte.
Zu Unrecht haben FG und FA allerdings die nach vorstehenden Grundsätzen auch für den Zeitraum vom 1.4.1996 bis 31.3.1997 im Streitjahr 1997 zu erfassenden Einkünfte als gewerbliche Einkünfte qualifiziert. Da die Klägerin unstreitig auch in diesem Zeitraum Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat, ist dieser Gewinn – ggf. im Weg der Schätzung – in einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung umzurechnen. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.
Hinweis
Im vorliegenden Fall hat der BFH die in § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG, § 8b Satz 2 Nr. 2 EStDV statuierten Grundsätze, die bei der Umstellung der Gewinnermittlung von einem zulässig gebildeten abweichenden Wirtschaftsjahr auf das Kalenderjahr eingreifen, im Weg des Erst-recht-Schlusses auf den Fall ausgedehnt, in welchem der Steuerpflichtige – ebenso wie auch das FA – irrig davon ausging, die von ihm in Wahrheit erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren, und nach Erkennen dieses Irrtums von der bisher von ihm mit Zustimmung des FA gewählten Gewinnermittlung für ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr zu der gebotenen Überschussermittlung für das Kalenderjahr überging.
Nur auf diese Weise ist sichergestellt, dass kein Zeitabschnitt bei der Erfassung der Einkünfte im "Anpassungsjahr""unter den Tisch fällt".
Wird – wie hier – erkannt, dass die Einkünfte zu Unrecht abweichend vom Kalenderjahr ermittelt worden sind, hat die erforderliche Umstellung der Einkünfteermittlung auf das Kalenderjahr – ähnlich einer Fehlerkorrektur nach Maßgabe der in ständiger Rechtsprechung befürworteten Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs – im Jahr der frühesten noch änderbaren Veranlagung zu geschehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.7.2007, X R 34/05