Leitsatz
Vergütungen zur Erstattung von Reisekosten können auch dann nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei sein, wenn sie der Arbeitgeber aus umgewandeltem Arbeitslohn zahlt. Voraussetzung ist, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Lohnumwandlung vor der Entstehung des Vergütungsanspruchs vereinbaren.
Normenkette
§ 3 Nr. 16 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin (ein Getränkevertrieb) erstattete ihren Arbeitnehmern Verpflegungsmehraufwendungen für Dienstreisen und Fahrtätigkeit in Höhe von rd. 44 000 DM ohne Lohnsteuerabzug. Das FA lehnte eine Lohnumwandlung ab und behandelte die Erstattungen in einem Haftungsbescheid als lohnsteuerpflichtig.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zurück. Das FG habe festzustellen, ob eine wirksame Lohnumwandlung bzw. ein Lohnverzicht – verbunden mit einer Reisekostenzusage – rechtzeitig vereinbart worden sei.
Hinweis
Gestaltungen bezüglich Lohn- bzw. Gehaltsumwandlungen werden steuerlich unterschiedlich (und z.T. systemlos) behandelt. Insbesondere hat der Gesetzgeber das Erfordernis für die Steuerbefreiung bzw. Erleichterung, dass die Leistung zusätzlich zum geschuldeten Lohn gewährt wird, nicht bei allen zweckgebundenen Zuschüssen durchgehalten. Während z.B. Zinszuschüsse nach einer Lohnumwandlung als nach § 3 Nr. 68 EStG 1987 steuerfrei behandelt werden, wird bei Jubiläumszuwendungen eine Lohnumwandlung für schädlich gehalten und verlangt, dass die Jubiläumszuwendung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt wird. Im Ergebnis wird die Zulässigkeit einer Lohnumwandlung von der jeweiligen Begünstigungsnorm und deren Sinn und Zweck abhängig gemacht.
Im Streitfall war für den BFH zum einen entscheidend, dass der Wortlaut des § 3 Nr. 16 EStG eine Lohnumwandlung nicht ausschließt. Demgegenüber schreibt der Gesetzgeber z.B. in § 3 Nr. 33 EStG (Kindergartenzuschüsse), § 3 Nr. 34 EStG (Fahrtkostenzuschüsse), § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG (Mahlzeiten) ausdrücklich vor, dass die Zahlung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden muss.
Auch Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 16 EStG stehen einer Lohnumwandlung nicht entgegen. Im Gegensatz z.B. zur Befreiung von Zinszuschüssen führt § 3 Nr. 16 EStG nicht zu einer echten Steuerentlastung, sondern zu einer Vereinfachung und zeitlichen Vorverlagerung der Freistellung. Ohne § 3 Nr. 16 EStG könnte der Arbeitnehmer seine Reisekosten im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung geltend machen.
Ausschlaggebend ist hier jedoch, dass die Umwandlung von Barlohn in steuerfreien Reisekostenersatz rechtzeitig erfolgt. Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 16 EStG kann nur in Anspruch genommen werden, wenn die Herabsetzung des Lohnanspruchs und die Umwandlung in eine Vergütung i.S.d. § 3 Nr. 16 EStG vor der Entstehung des Vergütungsanspruchs zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erfolgt. Es genügt nicht, dass der Arbeitgeber aus dem Arbeitslohn nur Teile herausrechnet und als steuerfrei behandelt. Außerdem müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Zweifel im Einzelnen darlegen und nachweisen, was sie vereinbart haben.
Die vom BFH – im Rahmen der Haftung aus Gründen von Treu und Glauben – offen gelassene Frage, ob Verpflegungsmehraufwendungen bei Fahrtätigkeit in den Streitjahren 1991 bis 1994 unter § 3 Nr. 16 EStG fielen, ist jetzt durch die gesetzliche Regelung ab 1996 geklärt, da § 3 Nr. 16 EStG auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG Bezug nimmt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.4.2001, VI R 2/98