Kommentar
Werden nach einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe ( Betriebsaufgabe ; Betriebsveräußerung ) betriebliche Schulden nicht getilgt, sind die Schuldzinsen nach ständiger Rechtsprechung keine nachträglichen Betriebsausgaben , soweit die Schulden aus der Verwertung von zurückbehaltenem Aktivvermögen beglichen werden könnten und Verwertungshindernisse nicht entgegenstehen.
Indessen können Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Betracht kommen, wenn das zurückbehaltene und nicht verwertete frühere Betriebsvermögen – z. B. ein Betriebsgrundstück – in das Privatvermögen überführt und zu Vermietungszwecken eingesetzt wird.
Eine solche Umwidmung ist anzunehmen, wenn die ursprünglich für allgemeine betriebliche Zwecke aufgenommene Verbindlichkeit aufgrund einer neuen, gleichfalls kreditfinanzierten Anlageentscheidung – hier: Einsatz des früheren Betriebsgrundstücks zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung – in den Zusammenhang mit einer neuen Einkunftsquelle gestellt wird ( Werbungskosten-ABC – Vermietung und Verpachtung ).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.08.1998, X R 96/95
Anmerkung:
Hier liegt eine ausgesprochen unternehmerfreundliche Entscheidung des X. Senats. Selbst die Zinsen aus allgemeinen gewerblichen Schulden können zu Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung – wohl auch aus Kapitalvermögen – mutieren, sofern betriebliches Aktivvermögen zurückbehalten und fortan zur Erzielung nichtbetrieblicher Einkünfte genutzt wird. Die allgemeinen Betriebsschulden verwandeln sich nach Auffassung des X. Senats in Höhe des Werts des nunmehr i. S. der §§ 20 , 21 EStG genutzten Aktivvermögens in Schulden dieser Einkunftsarten; es ist eine Tilgung des alten und die Aufnahme eines neuen Kredits in gleicher Höhe – gleichsam zur Neuanschaffung des Aktivvermögens – zu unterstellen. Der IX. Senat, der der Entscheidung zugestimmt hat, spricht von der „Fortführung des Kredits”.
Der X. Senat hat die Frage ungelöst gelassen, wie die Konkurrenz zwischen einem möglichen Abzug der Zinsen sowohl als nachträgliche Betriebsausgaben als auch als Werbungskosten zu lösen ist. Diese Frage könnte für die Rechtslage ab 1999 von Bedeutung werden, nach der zwischen aktiven betrieblichen Verlusten und passiven Verlusten aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen unterschieden werden soll, was Auswirkungen auf die Verlustverechnung hat.