FinMin Brandenburg, Erlaß v. 5.12.2005, 31 - S 7333 - 01/05

Anlage(n): Urteile des FG Brandenburg vom 13.10.2004, 1 K 950/03 und vom 9.8.2005, 1 K 2448/02

Allgemeine Grundsätze

Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geändert, so haben der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt hat, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 UStG). Entsprechendes gilt, wenn das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstigen Leistung uneinbringlich geworden ist (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG).

§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG definiert den Begriff der Uneinbringlichkeit nicht; das Gesetz geht davon aus, dass trotz „Uneinbringlichkeit” noch Zahlungen eingehen können (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG). Es braucht nicht mit absoluter Sicherheit festzustehen, dass das Entgelt nicht mehr beglichen werden kann. Vielmehr genügt es, wenn die Forderung „für eine geraume Zeit nicht mehr durchsetzbar ist” (BFH-Urteil vom 13.11.1986, V R 59/79, BStBl 1987 II S. 226).

Uneinbringlichkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG liegt insbesondere dann vor, wenn

  • den Forderungen die Einrede des Einforderungsverzicht entgegengehalten werden kann,
  • die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners vorliegt oder wenn
  • das Zahlungsziel um das zwei- bzw. dreifache der Zahlungsfrist, mindestens aber um mehr als sechs Monate, überschritten ist.

Uneinbringlichkeit wegen Einforderungsverzicht der Gläubiger

Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Forderung nicht schon dann uneinbringlich, wenn der Leistungsempfänger die Zahlung nach Fälligkeit verzögert, sondern erst, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) auf absehbare Zeit nicht durchsetzen kann (vgl. BFH-Urteil vom 31.5.2001, V R 71/99, BStBl 2003 II S. 206). Uneinbringlichkeit liegt auch dann vor, wenn z.B. wegen Zahlungsunfähigkeit die fälligen Forderungen „zwangsweise” gestundet werden und eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen wurde (vgl. BFH-Beschluss vom 10.3.1983, V B 46/80, BStBl 1983 II S. 389). Entsprechendes gilt wenn der Gläubiger mit dem Schuldner eine Vereinbarung trifft, in dem sich der Gläubiger mit Teilzahlungen entsprechend den wirtschaftlichen Möglichkeiten des Schuldners einverstanden erklärt (Urteil des FG Brandenburg vom 13.10.2004, 1 K 950/03, vgl. Anlage 1).

Uneinbringlichkeit wegen Zahlungsunfähigkeit

Uneinbringlichkeit im vorstehenden Sinne liegt auch vor, wenn der Schuldner zahlungsunfähig war (vgl. Abschnitt 223 Abs. 5 Satz 2 UStR). Zur Abgrenzung einer Zahlungsunfähigkeit gegenüber einer bloßen Zahlungsstockung hat der BGH im Urteil vom 24.5.2005, IX ZR 123/04 (GmbHR 2005 S. 1117, ZIP 2005 S. 1426) folgende Rechtsgrundsätze aufgestellt:

  1. „Eine bloße Zahlungsstockung ist anzunehmen, wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die benötigten Mittel zu leihen. Dafür erscheinen drei Wochen erforderlich, aber auch ausreichend.
  2. Beträgt eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, er ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird.
  3. Beträgt die Liquiditätslücke des Schuldners 10 % oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist.”

Uneinbringlichkeit wegen Überschreitung des Zahlungsziels

Uneinbringlichkeit im vorstehenden Sinne liegt auch vor, wenn bei Überschreiten des Zahlungsziels um das zwei- bis dreifache der Zahlungsfrist, mindestens aber um mehr als sechs Monate bei objektiver Betrachtung auszugehen ist (Urteil des FG Brandenburg vom 9.8.2005, 1 K 2448/02, vgl. Anlage 2).

Verfahrenshinweise

Sind Forderungen nach den o.g. Kriterien uneinbringlich im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG, so bitte ich, eine Kontrollmitteilung (vgl. Vordruckschrank in USP-Office) an das für den Schuldner zuständige FA zu übersenden. Gehen entsprechende Kontrollmitteilungen ein, ist ein vorgenommener Vorsteuerabzug zu korrigieren.

 

Anlage

Anlagen

(hier nicht enthalten)

 

Normenkette

UStG § 17 Abs. 2 Nr. 1

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