Kommentar
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b UStG entfällt die Steuerbarkeit nicht, wenn ein Unternehmer Leistungen an seine Arbeitnehmer aufgrund des Dienstleistungsverhältnisses ausführt, für die die Empfänger kein besonders berechnetes Entgelt aufwenden ( Umsatzsteuer ).
Bei richtlinienkonformer Auslegung der Vorschrift anhand des EuGH-Urteils v. 16. 10. 1997, Rs. C – 258/92 – Fillibeck – (UVR 1997 S. 430, UR 1998 S. 61) ist danach die unentgeltliche Beförderung von Arbeitnehmern von ihren Wohnungen zur Arbeitsstätte und zurück durch den Arbeitgeber regelmäßig steuerbar. Die Beförderungsleistung dient unter normalen Umständen privaten Zwecken der Arbeitnehmer und damit unternehmensfremden Zwecken.
Unter besonderen Umständen können die Erfordernisse des Unternehmens es gebieten, daß der Arbeitgeber selbst die Beförderung der Arbeitnehmer sicherstellt. Solche besonderen Umstände können z. B. Schwierigkeiten, andere geeignete Verkehrsmittel zu benutzen, und wechselnde Arbeitsstätten sein.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 09.07.1998, V R 105/92
Hinweise:
Die vom BFH im Streitfall eingeholte Vorabentscheidung des EuGH ergab, daß nach der 6. Richtlinie die Steuerbarkeit unentgeltlicher Sachzuwendungen danach abzugrenzen ist, ob der Arbeitgeber unternehmerischen oder unternehmensfremden Zwecken nachkommt. Unternehmensfremde Zwecke für den Arbeitgeber sind auch private Zwecke der Arbeitnehmer. Da die Fahrt von der Wohnung zur Arbeitsstelle grundsätzlich Sache der Arbeitnehmer ist, betrifft auch die Übernahme der Beförderung durch den Arbeitgeber – selbst wenn sie generell betrieblich sinnvoll sein mag – grundsätzlich private Zwecke der Arbeitnehmer. Dies hat der EuGH bestätigt.
Die Voraussetzung der „besonderen Umstände” , die nach der EuGH-Rechtsprechung solche Beförderungsleistungen des Arbeitgebers zugunsten der Arbeitnehmer als nicht unternehmensfremd qualifizieren können, läßt Raum für Abgrenzungen in den Einzelfällen, wobei allerdings keine zu differenzierte Kasuistik betrieben werden sollte. Dem Besprechungsurteil schwebt offenbar eine gewisse Anlehnung an vorhandene lohnsteuerliche Kriterien vor. Der BFH sieht nicht jeden Fall wechselnder Arbeitsstätten als „Ausnahmefall” an; denn er verlangt die Prüfung, ob diese Arbeitsstätten ggf. aufgrund der weiten Entfernung (z.B. außerhalb eines „weiträumigen Arbeitsgebietes”, LStR 37 Abs. 6) den Arbeitgeber „zwingen”, die Beförderung zu übernehmen. Dies spricht dafür, Beförderungen innerhalb eines Großstadtbereichs als nicht zwingend unternehmerisch anzusehen.