OFD Koblenz, Verfügung v. 10.6.2010, S 2285 A - St 32 3
Nach Randziffer 8 des BMF-Schreibens vom 9.2.2006 (BStBl 2006 I S. 217) ist bei im Ausland lebenden Personen im erwerbsfähigen Alter davon auszugehen, dass sie ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit verdienen. Die unterhaltsberechtigte Person hat ihre Arbeitskraft als die ihr zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zur Verfügung stehende Quelle in ausreichendem Maße auszuschöpfen (sog. Erwerbsobliegenheit). Für Personen im erwerbsfähigen Alter sind daher grundsätzlich keine Unterhaltsaufwendungen anzuerkennen.
Nach Randziffer 9 des o.g. BMF-Schreibens darf der Einsatz der eigenen Arbeitskraft nicht gefordert werden, wenn die unterhaltsberechtigte Person „aus gewichtigen Gründen” keiner oder nur in geringem Umfang einer Beschäftigung gegen Entgelt nachgehen kann. Als Gründe werden beispielsweise Alter, Behinderung, schlechter Gesundheitszustand, die Erziehung oder Betreuung von Kindern unter 6 Jahren, die Pflege behinderter Angehöriger, ein ernsthaft und nachhaltig betriebenes Studium oder eine Berufsausbildung genannt.
Es stellt sich die Frage, ob eine nachgewiesene Arbeitslosigkeit der unterstützten Person als „gewichtiger Grund” anerkannt werden kann. Im Hinblick auf die Schwierigkeiten, die allein die amtlichen Bescheinigungen der Personenangaben im Ausland verursachen, scheint ein zweifelsfreier Nachweis von Arbeitslosigkeit im Ausland nur in wenigen Ausnahmefällen möglich zu sein. Vielmehr ist zu befürchten, dass derartige Bescheinigungen, wenn sie überhaupt erteilt werden, aus Gefälligkeit oder von unzuständigen Personen ausgestellt werden. Auch schließt eine gemeldete Arbeitslosigkeit bei fehlender Kontrolle von Schwarzarbeit nicht aus, dass die betreffenden Personen dennoch ihre Arbeitskraft einsetzen.
Nach bundeseinheitlich abgestimmter Verwaltungsauffassung ist daher Arbeitslosigkeit im Ausland – außerhalb des EU-/EWR-Raums – grundsätzlich in keinem Fall als „gewichtiger Grund” zuzulassen.
Lebt die unterstützte Person hingegen im EU-/EWR-Raum, wird aus europarechtlichen Gründen die Beurteilung nach den gleichen Grundsätzen wie bei Inlandssachverhalten erfolgen müssen. D.h. die Erwerbsobliegenheit ist in diesen Fällen nicht zu prüfen.
Mitgliedsstaaten der EU sind:
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern.
Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR) umfasst die Mitgliedsstaaten der EU, ferner Island, Liechtenstein und Norwegen.
Bei Unterhaltsleistungen an begünstigte Personen in den vorstehend genannten Ländern ist deshalb entsprechend H 33a.1 „Unterhaltsberechtigung”, 2. Spiegelstrich EStH 2007, wie bei Inlandssachverhalten, die sog. Bedürftigkeit typisierend zu unterstellen.
Ab dem Veranlagungszeitraum 2010 ist auch für Personen des EU-/EWR-Raums die Erwerbsobliegenheit zu prüfen (vgl. Rz. 8 im neuen BMF-Schreiben vom 7.6.2010). Diese Einschränkung gilt somit für alle Personen, die nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind. Die o.g. Ausführungen sind daher nur bis zum Veranlagungszeitraum 2009 zu beachten.
Normenkette
EStG § 33a Abs. 1