Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
Unterhaltszahlungen an die Schwiegereltern sind während der Ehe, ungeachtet des dauernd Getrenntlebens der Ehegatten, als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 S. 1 EStG abziehbar.
Normenkette
§ 33a Abs. 1, § 26 Abs. 1 S. 1 EStG, § 1608 BGB
Sachverhalt
K lebte von ihrem Ehemann dauernd getrennt und wurde einzeln zur ESt veranlagt. In ihrer ESt-Erklärung machte sie Unterhaltszahlungen an ihre in der Türkei lebende, verheiratete Schwiegermutter i.H.v. 3 928 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend. Das FA lehnte das ab, weil K gegenüber der Mutter ihres getrennt lebenden Ehemanns nicht gesetzlich unterhaltsverpflichtet sei. Die Klage blieb erfolglos (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.01.2010, 14 K 14112/08, Haufe-Index 2305373, EFG 2010, 796).
Entscheidung
Unterhaltszahlungen an die Schwiegermutter sind zwar aus den unter Praxis-Hinweisen erläuterten Erwägungen nach § 33a EStG unabhängig von den Voraussetzungen einer Ehegattenveranlagung nach §§ 26 ff. EStG abziehbar. Allerdings sind vorrangige Unterhaltsverpflichtungen, hier der Ehegattenunterhalt der Schwiegereltern untereinander, zu berücksichtigen. Daher war zu klären, ob Ks Schwiegervater seiner vorrangigen Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Ehefrau (§ 1608 BGB), Ks Schwiegermutter, nachkommen konnte. Dazu waren weitere Feststellungen zu treffen. Deswegen wurde die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
Hinweis
1. Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person sind nach § 33a Abs. 1 S. 1 EStG abziehbar. § 33a Abs. 1 EStG stellt damit nur auf den zivilrechtlichen Bestand der Ehe ab, verlangt aber insbesondere nicht, dass auch die Voraussetzungen für eine Ehegattenveranlagung (§ 26 Abs. 1 S. 1, § 26a, § 26b, § 26c EStG) vorliegen müssen. Der BFH sah keine Notwendigkeit, § 33a Abs. 1 EStG einschränkend dahin auszulegen, dass Unterhaltszahlungen an verschwägerte Personen nur bei einer intakten Ehe zu berücksichtigen sind. Dies erscheint auch praktikabler. Denn so ist allein das Vorliegen der zivilrechtlichen Ehe zu prüfen. Auf die tatsächlich oft schwierig zu klärende Frage, ob und bis zu welchem Zeitpunkt eine intakte Ehe im Sinn einer Unterhalts-, Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden hat, kommt es nicht an.
2. Ob eine Unterhaltsverpflichtung besteht, beurteilt sich nach inländischen Maßstäben (§ 33a Abs. 1 S. 5 2. Halbs. EStG). Dies gilt auch im Fall einer Unterhaltspflicht nach ausländischem Recht (nach alter Rechtslage: Art. 18 EGBGB). Dazu liegt auch schon eine Entscheidung des BVerfG vor (BVerfG, Beschluss vom 24.05.2005, 2 BvR 1683/02, BFH/NV 2005, Beilage 4, 361).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.07.2011 – VI R 13/10