Dr. Thomas Tesche, Prof. Ulrich Moser
Das Zukunftserfolgswertverfahren hält den markt- und substanzwertorientierten Modellen vor, nur (zufällige Augenblicks-)Preise und keine (fundamentalen) Unternehmenswerte zu ermitteln und nur die relative Vorteilhaftigkeit wiederzugeben (Zielunternehmen im Vergleich zur Comparable Public Company, Kauf im Vergleich zur Gründung). Ein absoluter Wert, im Vergleich zu allen anderen sicheren und unsicheren Kapitalanlagen, soll sich demgegenüber aus der Abzinsung der Zukunftserfolge ergeben. Das Zutrauen der Praxis in solche absoluten Bewertungen ist nicht immer hoch:
CCA-Modell versus Substanzwertmethode versus Zukunftserfolgswertmethode
Einem Milchbauer (mit eigener Zuchtabteilung) werden Kühe einer neuen Rasse mit 20 % erhöhter Milchleistung angeboten. Ein Marktpreis hat sich noch nicht gebildet. Der Bauer kann wie folgt rechnen:
- Marktpreis bekannter Rassen + Aufschlag 20 % (Comparable Company Approach),
- Kosten eigener Aufzucht alte Rasse + Aufschlag 20 % (Substanzwertmethode),
- Abzinsung zukünftiger Erträge (Milchleistung x Milchpreis – Kosten) mit risikoangepasstem Zinssatz (Zukunftserfolgswertmethode).
Die beiden ersten Methoden können dem Bauern nur sagen, ob sich die Anschaffung im Vergleich zur Anschaffung traditioneller Rassen bzw. im Vergleich zur eigenen Aufzucht lohnt. Nur die dritte Methode kann ihm sagen, ob er von dem gleichen Geld lieber am Kapitalmarkt investieren soll, weil sich die Milchwirtschaft nicht mehr lohnt. Sie kann dies allerdings nur soweit, als sie die Milchpreise, Mengen, Futtermittelkosten usw. der Zukunft richtig prognostiziert. Dieser Prognoseunsicherheit kann durch Modellierung unterschiedlicher Szenarien, die jeweils unterschiedliche Milchpreise, Futterkosten etc. berücksichtigen, Abhilfe geschaffen werden. Somit weiß der Bauer, wie sensibel der Wert der Kühe auf etwaige Änderungen der Parameter (Milchpreis, Futterkosten etc.) reagiert.
Die Zukunftserfolgswertmethode ist unabdingbar mit einer Prognoseunsicherheit verbunden. Es müssen Erwartungswerte über zukünftige Einzahlungsüberschüsse gebildet werden. Hierzu sind unterschiedliche Ertragsentwicklungen zu prognostizieren und mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit zu belegen. Hierzu kann der Bewerter nur die ihm zum Bewertungsstichtag zur Verfügung stehenden Informationen verarbeiten.
Dennoch hat die Zukunftserfolgswertmethode eine Berechtigung: Insbesondere in der Funktion als Szenariotechnik ("Was wäre das Unternehmen wert, wenn...?") bietet die Zukunftserfolgswertmethode Vorteile, da die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens nicht zu einem punktuellen Wert aggregiert wird, sondern in Form einer Bandbreite möglicher Unternehmenswerte transparent dargestellt wird; zum anderen in Fällen, in denen substanzorientierte Werte überhaupt nicht und Marktwerte nur für sehr entfernt vergleichbare Unternehmen zur Verfügung stehen. Die Modellprämissen dürfen jedoch dann nicht im Kleingedruckten versteckt werden. Sie sind in das Bewertungsergebnis einzubeziehen, z. B. durch Aufsplitten in Ist-Wert, Planbeitrag und Wachstumsbeitrag.
Szenario-Analyse
Die P-GmbH ist ein Pharmaunternehmen, das sich auf die Entwicklung eines neuartigen Medikaments zur Bekämpfung von Krebserkrankungen spezialisiert hat. Das Management rechnet damit, dass es 2 weitere Jahre (01, 02) dauert, bis das Medikament für den Markt geeignet ist. Eine endgültige Marktreife wird für das Jahr 03 erwartet. Allerdings ist noch ungewiss, ob das Medikament überhaupt für den deutschen Markt zugelassen wird. Kommt es zu keiner Zulassung des Medikaments (worst case), bleibt die P-GmbH auf ihren Forschungskosten sitzen und kann keinen zusätzlichen Umsatz durch die Vermarktung des Medikaments erzielen. Erlangt das Medikament hingegen eine Zulassung (best case), ist aufgrund der herausragenden Bedeutung für Krebspatienten mit einem Umsatzanstieg ab dem Jahr 03 um 200 % zu rechnen. Erfahrungen aus der Entwicklung von vergleichbaren Medikamenten in der Vergangenheit und dem noch nicht so weit fortgeschrittenen Entwicklungsstand lassen eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 50 % für die Zulassung des Medikaments vermuten, sodass beide Szenarien mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % gewichtet werden. Ab dem Jahr 04 wird eine ewige Rente mit einer Wachstumsrate von w = 2 % angenommen. Für die Bewertung wurde mittels dem CAPM ein Kapitalisierungszinssatz von 10 % ermittelt.
P-GmbH |
Jahr 1 |
Jahr 2 |
Jahr 3 |
Jahr 4 ff. |
|
TEUR |
TEUR |
TEUR |
TEUR |
1. worst case |
|
|
|
|
Ergebnis vor Steuern |
100,0 |
110,0 |
115,0 |
117,3 |
GewSt |
14,0 |
15,4 |
16,1 |
16,4 |
KSt |
15,0 |
16,5 |
17,3 |
17,6 |
= Ausschüttung |
71,0 |
78,1 |
81,6 |
83,3 |
Barwertfaktor |
0,91 |
0,83 |
0,75 |
9,39 |
Barwerte |
64,6 |
64,8 |
61,2 |
782,2 |
Summe der Barwerte = Unternehmenswert |
972,8 |
|
|
|
2. best case |
|
|
|
|
Ergebnis vor Steuern |
100,0 |
110,0 |
220,0 |
224,4 |
GewSt |
14,0 |
15,4 |
30,8 |
31,4 |
KSt |
15,0 |
16,5 |
33,0 |
33,7 |
= Ausschüttung |
71,0 |
78,1 |
156,2 |
159,3 |
Barwertfaktor |
0,91 |
0,83 |
0,75 |
9,39 |
Barwerte |
64,6 |
64,8 |
117,2 |
1.495,8 |
Summe der Barwerte = Unternehmenswert |
1.... |