Prof. Dr. Reinhold Hölscher, Dr. Christian Hornbach
2.1 Zielsetzungen der Sanierungsfähigkeitsprüfung
Das Ziel der Sanierungsfähigkeitsprüfung liegt in der Erstellung eines fundierten und vertrauenswürdigen Urteils über die Sanierbarkeit des Krisenunternehmens. Das Ergebnis der Sanierungsfähigkeitsprüfung bildet die Grundlage für die Entscheidung über die Durchführung einschneidender Sanierungsmaßnahmen und damit über den Fortbestand des Unternehmens. Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit vollzieht sich in einem umfassenden analytischen Prozess, dessen Ergebnis eine wertende Aussage darstellt, ob die Durchführung einer Sanierung unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll ist oder ob die Auflösung des Unternehmens und die Liquidation der Vermögenswerte die wirtschaftlich vorteilhaftere Alternative darstellen.
Gemäß ihrem typischen zeitlichen Ablauf sind die beschriebenen Zusammenhänge in Abb. 1 exemplarisch dargestellt.
Abb. 1: Sanierungsfähigkeitsprüfung als Element der Unternehmenskrise
In Bezug zur Darstellungsweise in Abb. 1 ist darauf hinzuweisen, dass eine Sanierungsfähigkeitsprüfung prinzipiell schon vor der Existenz eines Insolvenztatbestandes durchgeführt werden kann. Innerhalb eines Insolvenzverfahrens entscheidet regelmäßig die Gläubigerversammlung zwischen den beiden Alternativen Liquidation und Auflösung oder Sanierung und Fortführung des Unternehmens. Dies geschieht auf der Grundlage eines Berichts des Insolvenzverwalters, der das Ergebnis der Sanierungsfähigkeitsprüfung des Krisenunternehmens enthält.
2.2 Funktionen der Sanierungsfähigkeitsprüfung
Informationsfunktion
Aus der oben genannten allgemeinen Zielsetzung der Sanierungsfähigkeitsprüfung lässt sich ableiten, dass die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit neben einer reinen Informationsfunktion insb. eine Schadensbegrenzungsfunktion und eine Unternehmenserhaltungsfunktion besitzt.
Schadenbegrenzungsfunktion
Krisenmanagement — Unternehmensfortführung im Konkurs, 1992, S. 140 (Diss.).
Als Schadensbegrenzungsfunktion wird die Vermeidung der Fehlleitung von Kapital in aussichtslose Sanierungsvorhaben bezeichnet. In einer Krisensituation stehen die Eigen- und Fremdkapitalgeber häufig vor der Entscheidung, ob das bestehende Kapitalengagement durch weiteres Kapital ergänzt oder ob auf die Zuführung von neuem Kapital verzichtet werden soll. Durch eine umfassende Überprüfung der Sanierungsfähigkeit soll die Zuführung von weiterem Kapital in nicht sanierungsfähige Unternehmen verhindert und damit der Verlust der Kapitalgeber maximal auf das bereits bestehende Engagement begrenzt werden. Allgemeiner formuliert bewirkt die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit die rechtzeitige Zerschlagung von nicht mehr am Markt existenzfähigen Unternehmen, damit diese nicht durch erfolglose Sanierungsmaßnahmen auf Kosten Dritter (z. B. auch der Allgemeinheit) künstlich am Leben erhalten werden.
Unternehmenserhaltungsfunktion
Demgegenüber wird als Unternehmenserhaltungsfunktion die Erhaltung und Sanierung potenziell existenz- und leistungsfähiger Unternehmen bezeichnet. Die intensive Überprüfung der Sanierungsfähigkeit soll verhindern, dass bei prinzipiell sanierbaren Krisenunternehmen aufgrund einer unzureichenden Prüfung der Sanierungsalternativen auf die Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen verzichtet wird. Mit anderen Worten soll mit der Sanierungsfähigkeitsprüfung bewirkt werden, dass ein potenziell fortführungsfähiges Krisenunternehmen saniert wird und kein wirtschaftlich überlebensfähiges Unternehmen aufgrund der Unterlassung von aus ökonomischer Perspektive gerechtfertigten Sanierungsmaßnahmen aus dem Leistungs- und Wirtschaftsprozess ausscheiden muss. Die Fortführung des Unternehmens bedeutet gleichzeitig die Erhaltung der weitreichenden unternehmerischen Beziehungsgeflechte und der Arbeitsplätze.
2.3 Fallstudien zu den Funktionen der Sanierungsfähigkeitsprüfung
Unternehmenserhaltungsfunktion
Ausgangssituation
Durch einen falsch kalkulierten bzw. hinsichtlich der technischen Schwierigkeiten unterschätzten Großauftrag sind bei einem Maschinenbauunternehmen für Spezialmaschinen Verluste in Höhe von mehreren 100.000 EUR entstanden. Hinzu kommt ein konjunkturell bedingter Umsatzrückgang, dem nicht ausreichend schnell durch Personal- und Kostenanpassung Rechnung getragen werden konnte. In der Konsequenz sind ein Liquiditätsengpass und die wirtschaftliche Überschuldung des Unternehmens aufgetreten. Erschwerend kommt die Kündigung der bestehenden Kreditverträge durch...