Prof. Dr. Reinhold Hölscher, Dr. Christian Hornbach
3.3.1 Begriff und Wesen der Liquiditätsplanung
Liquiditätsplanung
Das zweite, im Gegensatz zum Kapitalbedarfsplan eher für den kurzfristigen Zeithorizont konzipierte Element der finanzplanbasierten Sanierungsfähigkeitsprüfung ist der Liquiditätsplan.
Im Liquiditätsplan werden alle eingehenden und ausgehenden Zahlungsströme erfasst. Aufgabe der Liquiditätsplanung ist die Abbildung der zukünftigen Liquiditätssituation durch Identifikation möglicher Liquiditätsengpässe oder Situationen überschüssiger Liquidität. Der Liquiditätsplan bildet, darauf aufbauend, die Entscheidungsgrundlage für die Einleitung finanzwirtschaftlicher Anpassungsmaßnahmen zur Wiederherstellung bzw. Sicherung der kurzfristigen Liquidität (bei Liquiditätsengpässen) oder Optimierung der Rentabilität (bei überschüssiger Liquidität).
Anforderungen an die Liquiditätsplanung
Es können drei Hauptanforderungen an die kurzfristige Liquiditätsplanung formuliert werden:
- Die Liquiditätsplanung hat sich auf zukünftige Einzahlungen und Auszahlungen zu richten (Zukunftsbezug).
- Die Liquiditätsplanung hat Einzahlungen und Auszahlungen lückenlos und überschneidungsfrei auszuweisen (inhaltliche Präzision).
- Die Liquiditätsplanung hat Einzahlungen und Auszahlungen zeitlich präzise, also tagesgenau, auszuweisen (zeitliche Präzision).
3.3.2 Aufbau des Liquiditätsplans und das Plangleichgewicht
Grundstruktur eines Liquiditätsplans
Der zahlungsorientierte Liquiditätsplan hat einerseits die Bestände an Zahlungskraft und andererseits die geplanten Zahlungsbewegungen als Bezugspunkte. In seiner Grundstruktur weist der Liquiditätsplan die in Tab. 6 dargestellte Form auf.
Zeitintervalle (Tage, Wochen, Monate usw.) Position (in GE) |
I |
II |
III |
IV |
Zahlungsmittel Anfangsbestand |
5 |
10 |
5 |
|
+ Plan-Einzahlungen |
20 |
25 |
usw. |
|
- Plan-Auszahlungen |
15 |
30 |
|
|
Zahlungsmittel Endbestand |
10 |
5 |
|
|
Tab. 6: Grundstruktur eines Liquiditätsplans
Plangleichgewicht
Ein Fehlbetrag liegt vor, wenn der Zahlungsmittel-Endbestand in einer bestimmten Periode einen negativen (oder zu geringen positiven) Wert annimmt. Anders ausgedrückt wird im Rahmen der Liquiditätsplanung geprüft, inwieweit sich die Liquiditätssituation im Gleichgewicht befindet. Im Rahmen der Sanierungsfähigkeitsprüfung sind die Wirkungen der geplanten Sanierungsmaßnahmen im Liquiditätsplan zu berücksichtigen. Zur operativen Durchführung der Liquiditätsplanung sind zunächst sämtliche relevanten Einzahlungs- und Auszahlungsarten zu erfassen. Die Liquiditätsplanung als Teilaufgabe innerhalb der finanzplanbasierten Sanierungsfähigkeitsprüfung soll anhand der folgenden Fallstudie verdeutlicht werden.
3.3.3 Fallstudie: Sanierungsfähigkeitsprüfung auf Basis der Liquiditätsplanung
Allgemeiner Ablauf der liquiditätsplanbasierten Sanierungsfähigkeitsprüfung
Die Planung der Liquidität läuft analog zur Kapitalbedarfsplanung ebenfalls in 3 Prozessschritten ab. Den Ausgangspunkt der Liquiditätsplanung bildet die Erfassung der Ist-Situation, die sich für das Krisenunternehmen ohne Einsatz der Sanierungsinstrumente zeigt (Schritt 1). Auf Basis dieser Daten sind anschließend die verfügbaren Sanierungsinstrumente zu identifizieren und die wirksamen auszuwählen (Schritt 2). Schließlich sind die erwarteten Wirkungen der ausgewählten Sanierungsinstrumente in den Liquiditätsplan zu integrieren und es ist zu prüfen, ob die Liquidität des Sanierungsunternehmens wieder hergestellt werden kann (Schritt 3).
Schritt 1: Liquiditätssituation vor Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen
Zunächst sind die künftigen Einzahlungen und Auszahlungen zu prognostizieren und im Liquiditätsplan zu erfassen. Hierbei ist die Ist-Situation vor der Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen zu erfassen. Im Beispiel (vgl. Tab. 7) wurde eine monatliche Betrachtungsweise gewählt. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Liquiditätsplan prinzipiell bis auf die Tagesbasis herunterzubrechen ist, um auch möglicherweise verdeckte Fehlbeträge aufzudecken, die bei zu grobem Zeitraster auftreten können.
Monat Position (in TEUR) |
Jan. |
Feb. |
Mär. |
Apr. |
... |
1 |
Zahlungsmittel (Anfangsbestand) |
100 |
-30 |
-165 |
-530 |
... |
2 |
Einzahlungen |
135 |
105 |
85 |
80 |
... |
|
2.1 |
Einzahlungen im Leistungsbereich |
110 |
90 |
80 |
75 |
... |
|
|
2.1.1 |
Umsatzeinzahlungen |
100 |
85 |
75 |
70 |
... |
|
|
2.1.2 |
Einzahlungen aus der Liquidation von Sachvermögen |
0 |
0 |
0 |
0 |
... |
|
|
2.1.3 |
Sonstige Einzahlungen |
10 |
5 |
5 |
5 |
... |
|
2.2 |
Einzahlungen im neutralen Bereich |
5 |
0 |
0 |
0 |
... |
|
2.3 |
Einzahlungen im Finanzbereich |
20 |
15 |
5 |
5 |
... |
|
|
2.3.1 |
Einzahlungen aus Kapitalaufnahme |
0 |
0 |
0 |
0 |
... |
|
|
2.3.2 |
Einzahlungen aus der Desinvestition von Finanzvermögen |
15 |
10 |
0 |
0 |
... |
|
|
2.3.3 |
Einzahlungen aus Finanzierungserträgen |
5 |
5 |
5 |
5 |
... |
3 |
Auszahlungen |
265 |
240 |
450 |
215 |
... |
|
3.1 |
Auszahlungen im Leistungsbereich |
230 |
215 |
200 |
195 |
... |
|
|
3.1.1 |
Auszahlungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe |
50 |
45 |
35 |
35 |
... |
|
|
3.1.2 |
Auszahlungen für Personal |
150 |
150 |
150 |
150 |
... |
|
|
3.1.3 |
Auszahlungen für Le... |