Aus unserer Erfahrung zählen der Einsatz und die Nutzung agiler Vorsteuerungs- und Planungs-Systeme nicht zur gängigen Strategieentwicklungs- und Steuerungspraxis. In vielen Fällen führten erst die Verwerfungen der COVID-19-Pandemie zum Aufbau erster geeigneter Planungs- und Vorsteuerungsinstrumente und -prozesse.[1]

Nichtsdestotrotz steckt eine systematische und methodengestützte Strategieentwicklung, -planung und Vorsteuerung in vielen mittelständischen Unternehmen noch in den Kinderschuhen. Ein einfacher Grund hierfür ist, wie quantitative Prozessuntersuchungen von vielen Unternehmen aus unserer Praxis zeigen, dass Unternehmen schlichtweg zu wenig Zeit investieren. Eine Mehrzahl dieser Unternehmen setzen nur 5 bis 15 % der Ressourcen ihrer Management-Teams für strategisches Management sowie Steuerung und Controlling ein.

Neben der geringen Allokation von Zeit stellen wir auch immer wieder eine Diskrepanz zwischen der Bedeutung und dem Reifegrad dieser beiden Prozesse fest. Deutlich wird dies am Beispiel eines Premium-Anbieters aus der Modebranche. Zum einen investierte das Unternehmen mit nur rund 8 % wenig Zeit in die relevanten Prozesse "Strategisches Management" und "Controlling". Zum anderen wiesen ausgerechnet diese beiden Prozesse – mit hoher Relevanz für den Unternehmenserfolg – nach Selbsteinschätzung des Managements einen unzureichenden Reifegrad aus (s. Abb. 3).

Abb. 3: Gap-Analyse der Prozesse am Beispiel eines Bekleidungsunternehmens

Hintergrund hierfür waren insbesondere eine fehlende Agenda für den Strategie-Diskurs im Management-Team, eine unzureichende Verknüpfung von Strategie und Planung sowie der geringe Integrationsgrad in der Planung. Ebenso war eine unterjährige Steuerung nicht möglich, da Plan- / Ist-Vergleiche aufgrund weit verzögerter Monats- und Jahresabschlüsse sinnlos waren. Darüber hinaus wurden sinnvolle Möglichkeiten zur Vorsteuerung, z. B. durch Vor-Order-Vergleiche zu Plan- oder Vorjahreswerten nicht systematisch genutzt.

[1] Vgl. Michailov/Grabow, 2020, S. 56ff.

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