Neben dem "Asset Deal" und seinen Folgen im Hinblick auf die Geschäftsveräußerung im Ganzen ist es ebenso denkbar, dass die Veräußerung des Unternehmens mittels eines sog. "Share Deals" erfolgt. Ein solcher liegt vor, wenn das Unternehmen in einer Gesellschaft gehalten wird (z. B. einer GmbH) und der Veräußerer die Anteile ("Shares") an der GmbH an den Erwerber abtritt.
2.2.1 Grundsatz: Keine Geschäftsveräußerung im Ganzen
Im Zusammenhang mit einem Share Deal kehrt sich das oben gezeigte Regel-Ausnahme-Verhältnis faktisch um. Soweit der Veräußerer lediglich die Anteile an dem Unternehmen veräußert, liegt im Regelfall keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor. Von seiner Rechtsprechung zur Ausnahme im Falle einer 100 %- Beteiligung ist der BFH wieder abgerückt. Dies liegt darin begründet, dass das reine Halten von Gesellschaftsanteilen sowohl von der Rechtsprechung als auch der Finanzverwaltungnicht als unternehmerische Tätigkeit gewertet wird. Folglich veräußert der Gesellschafter auch kein lebendes Unternehmen aus der Sicht des Umsatzsteuerrechts. Die Veräußerung der Anteile ist dann wiederum regelmäßig schon nicht steuerbar, da der Gesellschafter kein Unternehmer ist; mindestens jedoch steuerfrei. In den Fällen, in denen die Anteile in einem Unternehmensvermögen gehalten wurden und ihre Veräußerung daher im Grundsatz steuerbar, aber steuerfrei ist, besteht die Möglichkeit der Option zur Steuerpflicht. Ein Unternehmensvermögen bilden die Anteile z. B. beim Halten sog. strategischer Beteiligungen, d. h. Beteiligungen, die nicht um ihrer selbst willen (bloßer Wille, Dividenden zu erhalten) gehalten werden, sondern der Förderung einer bestehenden oder beabsichtigten unternehmerischen Tätigkeit (z. B. Sicherung günstiger Einkaufskonditionen, Verschaffung von Einfluss bei potenziellen Konkurrenten, Sicherung günstiger Absatzkonditionen) dienen.
Im Regelfall wird der Erwerber eine Option jedoch kaum akzeptieren, wenn er nicht sicher sein kann, z. B. durch eine verbindliche Auskunft, dass die Anteile seinem Unternehmen in einer Weise zugeordnet werden, die einen Vorsteuerabzug definitiv zulässt.
2.2.2 Ausnahme: Beräußerung eines "Management-Holding-Unternehmens"
Ein anderes Ergebnis ist angezeigt, wenn der bisherige Inhaber der Gesellschaftsanteile zugleich auf diese Gesellschaft besonders eingewirkt hat, d. h. als. sog. Management- oder Führungsholding qualifiziert, und gemeinsam mit den Gesellschaftsanteilen auch die bestehenden Dienstleistungsverträge mit den Gesellschaften mitübergehen. Beispielhaft sei die Erbringung kaufmännischer, administrativer, finanzieller oder technischer Dienstleistungen für die Gesellschaften genannt. In dieser Konstellation geht die Tätigkeit des Gesellschafters nämlich über das allgemeine Erwerben, Halten und Veräußern von Gesellschaftsanteilen hinaus. Vielmehr bildet die durchgreifende Einwirkung auf die Gesellschaften, deren Anteile gehalten werden, ein eigenständiges, funktionsfähiges Unternehmen, welches dann auch auf einen Dritten übertragen werden kann. Die Gesellschaftsanteile stellen in dieser Funktion eine wesentliche Grundlage eines derartigen Unternehmens dar, da nur durch sie die Möglichkeit des Durchgriffs gewährleistet werden kann. Sofern daher mit den Gesellschaftsanteilen derartige Vertragsverhältnisse mitübergehen und der Erwerber die Verwaltungstätigkeit in den Gesellschaften fortführt, liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor. Welches Mindestmaß an Leistungsbeziehungen ausreichend ist, ist leider bis dato auch im Lichte der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt.
2.2.3 Folgen der Unterscheidung und Risikooptimierung
Vor dem Hintergrund, dass die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen regelmäßig nicht steuerbar oder zumindest steuerbefreit ist, dürfte das Risiko einer Nachbelastung mit Umsatzsteuern bei einem Share Deal wohl als verhältnismäßig gering einzustufen sein. Bedeutung erlangt die Frage hingegen im Zusammenhang mit vorsteuerbelasteten Kosten, insbesondere solchen aus der Abwicklung des Unternehmenskaufs (z. B. Berater- ,Anwalts- oder Notarkosten), die teils sehr erheblich sein können. Während die steuerfreie Veräußerung von Gesellschaftsanteilen einen sog. Ausschlussumsatz darstellt und einen Vorsteuerabzug für die mit der Veräußerung im Zusammenhang stehenden Kosten regelmäßig ausschließt, steht die Geschäftsveräußerung im Ganzen einem Vorsteuerabzug nicht per se entgegen.
Verkauf eines Management-Unternehmen...