Prof. Dr. Gerd Waschbusch
6.1 Betriebsführungsvertrag
Rz. 74
Der nicht im Gesetz geregelte, jedoch von der h. M. zu den Unternehmensverträgen zählende Betriebsführungsvertrag (vgl. hierzu Rz. 9) ist gekennzeichnet durch die Übernahme der Führung des Betriebs einer AG oder KGaA durch einen anderen (Betriebsführer). Dieser führt den Betrieb entweder im Namen der Eigentümergesellschaft (echter Betriebsführungsvertrag) oder im eigenen Namen (unechter Betriebsführungsvertrag). Im Gegensatz zu den Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverträgen handelt der Betriebsführer bei Betriebsführungsverträgen für Rechnung der Eigentümergesellschaft.
Rz. 75
Betriebsführungsverträge werden i. d. R. zwischen zwei voneinander unabhängigen Parteien geschlossen, wobei die eine Partei über qualitative und quantitative Managementkapazitäten verfügt, die die andere Partei nicht aufweist und auch nicht in ökonomisch sinnvoller Weise schaffen kann. Aus diesem Grund werden Betriebsführungsverträge auch als Managementverträge bezeichnet. Der Abschluss von Betriebsführungsverträgen in bestehenden Konzernen dient vornehmlich der Intensivierung der Konzentration zwischen den Konzernunternehmen.
Rz. 76
Vertragsgegenstand des Betriebsführungsvertrags können alle oder nur einzelne Betriebe der Eigentümergesellschaft sein, wobei die gesetzlichen Rechtsfolgen nur greifen, sofern sich der Vertrag auf alle Betriebe der Eigentümergesellschaft erstreckt. Um Geschäfte im Namen der Eigentümergesellschaft tätigen zu können, muss zumindest beim echten Betriebsführungsvertrag dem Betriebsführer eine umfassende Vollmacht erteilt werden (vgl. dazu Rz. 71). Tritt die Eigentümergesellschaft in der Rechtsform der AG oder KGaA auf, so gelten nach h. M. hinsichtlich des Zustandekommens (vgl. Rz. 70 i. V. m. Rz. 51), der Dauer sowie der Änderung und Beendigung des Vertrags (vgl. Rz. 78 ff.) die gleichen Regelungen wie für einen Betriebsüberlassungsvertrag.
6.2 Grenzüberschreitende Unternehmensverträge
Rz. 77
Die dem Aktienrecht bekannten Unternehmensverträge können nicht nur mit inländischen Gesellschaften, sondern auch mit ausländischen Unternehmen geschlossen werden. Wird ein entsprechender Unternehmensvertrag mit einem ausländischen Unternehmen abgeschlossen, so gelangt das Recht derjenigen Gesellschaft zur Anwendung, deren außenstehende Aktionäre sowie Gläubiger schützenswerter sind. Schließt also ein deutsches Unternehmen einen Vertrag, durch den es seine Leitung an ein ausländisches Unternehmen abgibt, seinen ganzen Gewinn bzw. Gewinnanteile an ein ausländisches Unternehmen abführt oder mit dem Gewinn des ausländischen Unternehmens zusammenlegt oder einem ausländischen Unternehmen sein Unternehmen verpachtet oder überlässt, gelangen die entsprechenden Regelungen des Aktiengesetzes zur Anwendung. Tritt hingegen der umgekehrte Fall ein, dass ein deutsches Unternehmen durch einen Vertragsabschluss zum übergeordneten (herrschenden) bzw. begünstigten Unternehmen einer ausländischen Gesellschaft wird, so ist das deutsche Recht nicht anwendbar.