Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
4.1 Beginn der unternehmerischen Tätigkeit
Die Unternehmereigenschaft beginnt mit dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden. Damit gehören auch schon Vorbereitungshandlungen zu den unternehmerischen Tätigkeiten. Die Vorbereitungstätigkeit muss allerdings schon erkennbar mit der unternehmerischen Betätigung im Zusammenhang stehen.
4.2 Ende der unternehmerischen Tätigkeit
Die unternehmerische Betätigung endet – unabhängig von der Rechtsform – mit dem letzten nach außen erkennbaren Tätigwerden.
Die Unternehmereigenschaft einer Kapitalgesellschaft ist nicht von der Eintragung im Handelsregister abhängig.
Die letzte Tätigkeit ist i. d. R. dann abgeschlossen, wenn alle Gegenstände des Unternehmens verkauft, entsorgt oder entnommen sowie alle rechtlichen Verpflichtungen erledigt sind. Dazu gehört u. a. auch die Abgabe der letzten Steuererklärungen.
Ende der Unternehmereigenschaft bei Betriebsaufgabe
Einzelhändler E hat zum 31.12.2022 sein Ladengeschäft aufgegeben und noch in 2022 alle Gegenstände veräußert. Im April 2023 lässt er bei einem Steuerberater seine Bilanz und die betrieblichen Steuererklärungen für 2022 erstellen.
Die Leistung des Steuerberaters ist noch an den Unternehmer E erbracht, somit hat E in 2023 noch einen Vorsteueranspruch aus den für sein Unternehmen bezogenen Leistungen.
4.3 Ruhen der unternehmerischen Tätigkeit
Keine Beendigung der unternehmerischen Betätigung liegt vor, wenn der Unternehmer seine Tätigkeit nur vorübergehend ruhen lässt (vorübergehende Einstellung der Unternehmertätigkeit). Eine solche vorübergehende Einstellung der Unternehmertätigkeit ist dann anzunehmen, wenn aus den Begleitumständen die belegbare Absicht des Unternehmers erkennbar ist, die unternehmerische Betätigung, also das Bewirken von Umsätzen, wieder aufnehmen zu wollen. In die Prüfung der für die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des Unternehmerbegriffs erforderlichen tatsächlichen Umstände sind auch die Verhältnisse in den Zeiträumen vor und nach dem jeweiligen Besteuerungszeitraum einzubeziehen.
Während des Ruhens der unternehmerischen Betätigung besteht das Unternehmen des Unternehmers unverändert fort. Dies bedeutet, dass z. B. ein Vorsteuerabzug für alle während dieser Zeit bezogenen Leistungen weiterhin nach § 15 Abs. 1 UStG möglich ist. Gleichermaßen unterliegt aber auch die private Verwendung von Gegenständen, die dem Unternehmensvermögen zuzurechnen sind, als unentgeltliche Leistung nach § 3 Abs. 9a UStG der Umsatzsteuer.
Auch die sog. Saisonbetriebe bestehen während des gesamten Kalenderjahrs fort, selbst wenn sie aufgrund der Art ihrer Umsätze nicht durchgehend das gesamte Kalenderjahr hindurch Umsätze am Markt erbringen.
Durchgehende Unternehmereigenschaft bei Saisonbetrieb
Der Gastronom G betreibt an der Ostseeküste ein Eiscafé. Außerhalb der Saison schließt er regelmäßig von November bis März sein Eiscafé.
G ist das gesamte Kalenderjahr hindurch als Unternehmer anzusehen. Somit sind sämtliche Vorsteuerbeträge – auch in der Zeit, in der er sein Café geschlossen hält – für G abzugsfähig.