4.2.1 Abfärbetheorie

Ist eine Personengesellschaft teils freiberuflich und teils gewerblich tätig – die gewerbliche Tätigkeit nur eines Gesellschafters für Rechnung der Gesellschaft genügt[1] –, gilt die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit der Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in vollem Umfang als Gewerbebetrieb (sog. Abfärbe- oder Infektionstheorie). Jede im Rahmen einer Personengesellschaft ausgeübte gewerbliche Tätigkeit führt zur steuerlichen Umqualifizierung der Einkünfte, die durch andere – nicht gewerbliche – Tätigkeiten erzielt werden. Ausreichend für die Anwendung der Abfärbetheorie ist auch die gewerbliche Tätigkeit einer ansonsten vermögensverwaltend tätigen Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung.[2] Die Unternehmereigenschaft bezieht sich dann einheitlich auf sämtliche Tätigkeiten der Personengesellschaft Gewerbliche Personengesellschaften können wegen § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG grundsätzlich nur einen "Betrieb"" unterhalten .[3]

 
Hinweis

Von der Abfärbetheorie betroffene Unternehmen

Unter § 15 Abs. 3 Nr. 1 GewStG fallen die OHG, KG oder andere Personengesellschaften, z.  B. GbR[4], Partnerschaftsgesellschaft , atypische stille Gesellschaft, soweit sie neben einer mit Einkünfteerzielungsabsicht ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit auch einer gewerblichen Tätigkeit nachgehen. Nicht von der Vorschrift erfasst werden teils freiberuflich und teils gewerblich tätige Erbengemeinschaften[5] sowie eheliche Gütergemeinschaften.[6] Bei diesen handelt es sich zwar um Mitunternehmerschaften, nicht aber um Personengesellschaften.

4.2.2 Bagatellgrenze für den Umfang der gewerblichen Tätigkeit

Dem Umfang der gewerblichen Tätigkeit kommt prinzipiell keine Bedeutung zu. Die Abfärbewirkung tritt nach Auffassung des BFH[1] prinzipiell auch bei einer nur geringfügigen gewerblichen Tätigkeit der Personengesellschaft ein. Wenn der mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommenen gewerblichen Tätigkeit der Personengesellschaft jedoch ein "äußerst geringer Anteil" gemessen an der gesamten Tätigkeit der Gesellschaft beizumessen ist, tritt keine Abfärbewirkung ein. Der BFH[2] hat klargestellt, dass bei einem Anteil der gewerblichen Tätigkeit von 1,25 % der Gesamtumsätze die Umqualifizierung des § 15 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alternative EStG nicht ausgelöst wird.

 
Wichtig

Präzisierung der Rechtsprechung

Diese Rechtsprechung hat der BFH in 3 Grundsatzentscheidungen präzisiert. Von derart untergeordneter Bedeutung ist eine originär gewerbliche Tätigkeit dann, wenn die Nettoumsatzerlöse aus der gewerblichen Tätigkeit 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und insgesamt den gewerbesteuerlichen Freibetrag für Personengesellschaften nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG i. H. v. 24.500 EUR im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen.[3] Die Tücke der BFH-Rechtsprechung besteht darin, dass der herangezogene Freibetrag von 24.500 EUR gewerbesteuerlich zwar eine Gewinngrenze ist, der BFH jedoch zur Wahrung des Vereinfachungszwecks der Abfärberegelung darin eine Umsatzgrenze sieht, sodass es auf die Höhe des Gewinns aus der gewerblichen Bagatelltätigkeit nicht ankommt.[4]

4.2.3 Abfärbewirkung wegen Beteiligung an einer Personengesellschaft

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1, 2. Alternative EStG tritt die Abfärbewirkung auch dann ein, wenn eine OHG, eine KG oder eine andere Personengesellschaft gewerbliche Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG durch Beteiligung an einer anderen gewerblich tätigen Personengesellschaft bezieht.

Für Fälle des § 15 Abs. 3 Nr. 1, 2. Alternative EStG gibt es bislang keine entsprechende höchstrichterliche Rechtsprechung mit einer Bagatellgrenze. Der BFH[1] hat die Frage, ob die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1, 2. Alternative EStG ausscheidet, weil die gewerbliche Beteiligung für die gesamte Tätigkeit der vermögensverwaltenden Personengesellschaft nur von untergeordneter Bedeutung ist, bislang offengelassen. In der Literatur wird die Frage kontrovers diskutiert.

Das FG Baden-Württemberg[2] kommt zu dem Ergebnis, dass die von der Rechtsprechung entwickelte Bagatellgrenze für die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1, 2. Alternative EStG nicht gilt. ...

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