Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Überlässt der Leistungsempfänger dem Leistenden Kapital zinslos, kann dies zu zusätzlichem Entgelt führen.
Sachverhalt
Eine Bau- und Grundstücksgesellschaft hatte Gewerberäume umsatzsteuerpflichtig an andere Unternehmer vermietet. Die Mietverträge enthielten standardisierte Kautionsvereinbarungen, die eine monatliche Verzinsung der Kaution vorsahen. Diese Zinsen wurden direkt von der Nettokaltmiete in Abzug gebracht. Die Umsatzsteuer wurde auf die verbleibende Kaltmiete sowie die Betriebskosten berechnet. Nach einer Außenprüfung forderte das Finanzamt auch Umsatzsteuer für die auf die Kaltmieten angerechneten Kautionszinsen. Der Kläger wandte dagegen ein, dass faktisch eine zinslose Kaution gewollt war. Lediglich um die Unverzinslichkeit zivilrechtlich wirksam zu gestalten, wurde die Miete zunächst kalkulatorisch um einen fiktiven Kautionszins erhöht und gleichzeitig um diesen Betrag wieder gekürzt. Im Ergebnis hätte der Mieter das Objekt zu einem Mietzins erhalten, zu dem es von vornherein kautionszinslos am Markt angeboten wurde.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Entweder haben die Mietvertragsparteien eine Barverzinsung der Kaution tatsächlich vereinbart und die Zinsen damit entgeltlich (i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG) auf die Nettokaltmiete angerechnet. Oder die Vereinbarungen über die Verzinsung wurden nur zum Schein abgegeben. In diesem Fall wäre der Verzicht der Mieter auf die ihnen von Rechts wegen zustehenden Kautionszinsen als zusätzliches Entgelt "für die Leistung" des Vermieters erfolgt.
Hinweis
Die Ansicht von Finanzverwaltung und Finanzgericht dürfte mit der bisherigen BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH, Urteil v. 31.8.1992, V R 47/88) in Einklang stehen. Allgemein geht die Finanzverwaltung in sehr vielen Fällen von einem tauschähnlichen Umsatz aus, wenn der eigentliche Leistungsempfänger dem Leistenden zinslos oder verbilligt Kapital überlässt. So z.B. auch bei zinslosen Mieterdarlehen im Rahmen des Immobilien-Leasing. Bei Unverzinslichkeit werden die fiktiven Zinsen i. d. Regel mit 5,5 % ermittelt (vgl. Abschn. 153 Abs. 1 Satz 8 und 9 UStR). Womöglich ergibt sich nach EuGH-Rechtsprechung eine andere Bewertung des Nutzungsvorteils, weil nach EuGH der subjektive Wert maßgeblich sein soll, den der Leistende der erhaltenen Gegenleistung beimisst. Die Finanzverwaltung nimmt hingegen eine objektive Bewertung gem. Bewertungsgesetz (5,5%, vgl. § 13 Abs. 3 BewG) vor.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 12.12.2007, 6 K 74/06