Leitsatz
1. Maßgeblich für die Ausübung des Gewinnermittlungswahlrechts ist die tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung. Als Beweisanzeichen dafür, dass ein Einzelunternehmer die fertiggestellte Gewinnermittlung als endgültig ansieht, kann u.a. die Tatsache gewertet werden, dass er sie – z.B. durch die Übersendung an das FA – in den Rechtsverkehr begibt.
2. Nach wirksam ausgeübter Wahl ist ein wiederholter Wechsel der Gewinnermittlungsart für das gleiche Wirtschaftsjahr auch vor Eintritt der Bestandskraft nur bei Vorliegen eines besonderen Grundes zulässig. Dazu zählt nicht der bloße Irrtum über die steuerlichen Folgen dieser Wahl.
Normenkette
§ 4 Abs. 1, Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Ein Landwirt hatte mit der ESt-Erklärung 2005 einen Antrag nach § 13a Abs. 2 EStG gestellt und seither seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Mit seiner im Januar 2009 eingereichten ESt-Erklärung 2007 legte er eine Einnahmen-Überschussrechnung für das Wj. 2007/2008 vor, die auch einen Übergangsgewinn infolge des Wechsels der Gewinnermittlungsart auf den 1.7.2007 enthielt. Als Betriebsausgabe war außerdem eine Teilwertabschreibung auf ein Betriebsgrundstück erfasst. Das FA erkannte die Teilwertabschreibung wegen fehlenden Nachweises der Wertminderung nicht an.
Im anschließenden Einspruchsverfahren wurde zunächst über die Wertminderung gestritten, bevor das FA die Auffassung vertrat, im Rahmen einer Einnahmen-Überschussrechnung sei eine Teilwertabschreibung dem Grunde nach unzulässig.
Daraufhin reichte der Landwirt eine Bilanz auf den 30.6.2008 ein und erklärte einen auf der Grundlage eines Betriebsvermögensvergleichs ermittelten Gewinn. Das FA vertrat die Auffassung, der Landwirt könne die mit Abgabe der Steuererklärung getroffene Wahl zur Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung nicht mehr rückgängig machen. Aus dem Antrag nach § 13a Abs. 2 EStG ergebe sich auch keine vierjährige Bindung an die dann getroffene Wahl des Betriebsvermögensvergleichs.
Das FG gab dem Landwirt recht (Niedersächsisches FG, Urteil vom 16.10.2013, 9 K 124/12, Haufe-Index 6420251, EFG 2014, 243). Die Wahl der Einnahmen-Überschussrechnung habe bis zum Eintritt der Bestandskraft widerrufen werden können.
Entscheidung
Mit seiner dagegen erhobenen Revision hatte das FA Erfolg. Der BFH entschied, die Wahl der Gewinnermittlungsmethode könne nicht mehr widerrufen werden, nachdem die Gewinnermittlung als endgültig in den Rechtsverkehr gebracht worden sei, hier durch die Einreichung beim FA.
Hinweis
1. Wahlrechte in der Gewinnermittlung können nach gefestigter Rechtsprechung des BFH grundsätzlich bis zur Bestandskraft der Veranlagung ausgeübt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt kann eine zunächst getroffene Wahl noch einmal korrigiert werden. Eine Beschränkung dieser Korrektur ergibt sich allerdings für Bilanzierende, denn § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG lässt nach Einreichung der Bilanz Korrekturen nur noch zum Ausgleich von Gewinnerhöhungen – insbesondere von Mehrergebnissen einer Außenprüfung – zu.
2. Mit dem hiesigen Urteil stellt der BFH für die Wahl der Gewinnermittlungsmethode strengere Maßstäbe auf. Die Ausübung der Wahl kann grundsätzlich nicht mehr korrigiert werden, nachdem das Wahlrecht erkennbar ausgeübt worden ist. Eine erkennbare Ausübung wird häufig – wie im Urteilsfall – in der Einreichung der Gewinnermittlung als Anlage zur Steuererklärung zu sehen sein. Es kann aber auch ein früherer Zeitpunkt in Betracht kommen, wenn etwa die Gewinnermittlung bereits zuvor bei einer Bank vorgelegt worden ist.
3. Eine Ausnahme von der Bindung an die Wahl der Gewinnermittlungsmethode gibt es aber. Die Wahl kann widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für einen Rückwechsel zur bisherigen Gewinnermittlungsmethode vorliegen. Zwar darf nach der Rechtsprechung des BFH nicht beliebig zwischen Gewinnermittlungsmethoden hin und her gewechselt werden, weshalb man grundsätzlich für drei Jahre an die einmal getroffene Wahl gebunden ist. Bei Vorliegen besonderer wirtschaftlicher Gründe lässt der BFH aber einen früheren Rückwechsel zu. Liegen derartige Gründe bereits im Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts vor, kann diese Ausübung auch bis zur Bestandskraft der Veranlagung mit der Folge widerrufen werden, dass es bei der bisherigen Gewinnermittlungsmethode bleibt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 2.6.2016 – IV R 39/13