Leitsatz
1. Für die Frage, ob im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter entgeltliche Leistungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1999 vorliegen, gelten keine Besonderheiten, sodass es nur darauf ankommt, ob zwischen Leistenden und Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert begründet. Das der Leistung zugrunde liegende Rechtsverhältnis kann sich auch aus gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen ergeben.
2. Die Entwicklung und Pflege eines Vergütungssystems durch eine GmbH im Interesse ihrer Gesellschafter führt zu einer entgeltlichen Leistung i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1999, wenn die Gesellschafter der GmbH hierfür Aufwendungsersatz zahlen.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1999, Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Eine GmbH erbrachte gegenüber ihren Gesellschaftern Leistungen in Form der Entwicklung und Pflege eines Vergütungssystems für Krankenhäuser. Grundlage war eine gesetzliche Regelung, wonach die Selbstverwaltungspartner ein Vergütungssystem zu entwickeln hatten und zur Finanzierung dieser Aufgaben einen Zuschlag/Krankenhausfall erhielten. Dazu wurde die Klägerin gegründet und erhielt die Zuschlagssummen.
Das FG hatte die Klägerin in der Auffassung bestätigt, es liege keine umsatzsteuerbare Leistung vor (EFG 2005, 1970).
Entscheidung
Die Revision des FA hatte Erfolg. Der I. Senat hatte bereits mit seinem zur Körperschaftsteuer der Klägerin ergangenen Urteil vom 07.03.2007, I R 90/04 (BFH-PR 2007, 303) festgestellt, dass die Klägerin für ihre Gesellschafter, nicht aber für die Allgemeinheit tätig war und aufgrund der konkreten Vereinbarungen für ihre Gesellschafter gegen Entgelt tätig war. Eine -- mögliche -- Berufung auf die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der 6. EG-RL -- die weiter ist als § 4 Nr. 14 Satz 2 UStG -- schloss der BFH aus, weil die "reale" Gefahr einer die Steuerbefreiung ausschließenden Wettbewerbsverzerrung im Verhältnis zu dritten Anbietern wie z.B. Softwareentwicklern bestand.
Hinweis
1. Entgeltliche Leistungen i.S.d. UStG liegen vor, wenn zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang aufgrund eines bestehenden Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet. Steuerbar sind danach z.B. auch Leistungen, die gegen Gewährung von Aufwendungsersatz erfolgen.
2. Für die Frage, ob im Verhältnis Gesellschaft und Gesellschafter entgeltliche Leistungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen, gelten keine Besonderheiten. Für die Steuerbarkeit einer durch einen Gesellschafter an seine Gesellschaft erbrachten Leistung muss dieser Leistung deshalb ein Rechtsverhältnis zugrunde liegen. Ob dieses Rechtsverhältnis auf schuld- oder gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter beruht, ist unerheblich. Allein die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft reicht jedoch nicht aus, auch dann nicht, wenn sich der Gesellschafter nicht auf das Halten seiner Beteiligung beschränkt, sondern weitergehend Leistungen gegenüber der Gesellschaft erbringt.
3. Im Gegensatz zu Leistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft, bei denen sich die Nichtsteuerbarkeit aus einer gewinnabhängigen Vergütung ergeben kann, besteht diese Möglichkeit für Leistungen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter aber nicht. Im Übrigen führt grundsätzlich jede Art von Aufwendungsersatz des Gesellschafters an die Gesellschaft für deren Leistung umsatzsteuerrechtlich zur Beurteilung als Entgelt.
Darüber hinaus kann sich das umsatzsteuerrechtlich erforderliche "Austauschverhältnis" bereits daraus ergeben, dass die Tätigkeit der Gesellschaft dem konkreten Individualinteresse des Gesellschafters dient.
Tragen die Gesellschafter gemeinschaftlich die Kosten für den Erwerb und die Unterhaltung eines Wirtschaftsguts des Gesamthandvermögens ihrer Gesellschaft, fehlt es im Übrigen nur dann an einer steuerbaren Leistung, wenn sie das Wirtschaftsgut im Rahmen der Gesellschaft gemeinsam nutzen. Denn die Nutzung von Gegenständen des Gesellschaftsvermögens oder anderer Leistungen der Gesellschaft für eigene Zwecke der Gesellschafter ist als entgeltliche Leistung bereits dann steuerbar, wenn die Gesellschaft hierfür Aufwendungsersatz auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage erhält.
So liegen z.B. steuerbare Leistungen eines Vereins an seine Mitglieder vor, wenn er ihnen gegen den Mitgliedsbeitrag Sportanlagen dauerhaft zur Verfügung stellt, ohne dass es darauf ankommt, ob er "gezielte Leistungen" erbringt.
Deshalb steht der Annahme eines Leistungsaustauschs auch nicht entgegen, dass die Personenvereinigung ihre Tätigkeit gleichzeitig für alle Mitglieder erbringt. Ob sich Zahlungen des Gesellschafters am Umfang der Inanspruchnahme der Leistungen oder an der Höhe der Beteiligung orientieren, ist unerheblich.
An dem notwendigen Zusammenhang zwis...